Beobachter zur Wahl in Bosnien
Am kommenden Sonntag finden in Bosnien-Herzegowina Wahlen statt. Gewählt werden das Parlament, das Staatspräsidium sowie die kantonaler Vertretungen. Unabhängige Nichtregierungsorganisationen haben in der Vergangenheit immer wieder auf Manipulationen hingewiesen und stellen nun erstmals eigene Wahlbeobachter.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 10.10.2014
Karin Koller hat eine der NGO-Gruppen in Banja Luka, der Hauptstadt der bosnisch-serbischen Teilrepublik, besucht.
Wahlen "unter der Lupe"
Ein kleiner Schulungsraum im Stadtzentrum von Banja Luka: etwa 15 Personen haben sich hier eingefunden: sie haben sich als freiwillige Wahlbeobachter gemeldet. Wie z.B. Susanna, die 25-jährige Doktoratsstudentin, hat über Facebook erfahren, dass für den kommenden Sonntag Freiwillig gesucht werden: "Das ist einfach absolut wichtig, dass endlich mal neutrale Beobachter hier die Wahlen kontrollieren", sagt sie. Er kenne so viele Menschen, die in die Politik gegangen sind, nur um sich zu bereichern, erzählt Zelko, er arbeitet in einer kleinen Firma hier in Banja Luka, die Fruchtsäfte vermarktet. Er habe so viele Geschichten gehört über Wahlbetrug, sagt Zelko. Alles was mit den Wahlzetteln passiert. Da habe er sich gemeldet, das wolle er unterbinden helfen.
Sie sei ganz erstaunt, dass sich so viele Menschen diesmal engagieren wollen, sagt Bojana Trninic, Mitorganisatorin von „Unter der Lupe“. Unter dieser Dachorganisation haben sich landesweit sieben unabhängige Bürgerrechtsorganisationen zusammengeschlossen, um die kommenden Wahlen hier in Bosnien, wie der Name sagt, eben unter die Lupe zu nehmen. "Wir haben in TV-und Radiospots und mit Aktionen auf der Straße um Freiwillige geworben, aber auch in den Sozialen Netzwerken. Wir haben aber nicht erwartet, dass sich so viele dafür interessieren. Studenten, Arbeiter, Pensionisten. Das ist ermutigend."
Vielfältige Manipulationen
Insgesamt 3.500 unabhängige Wahlbeobachter wird „Pod lupom“ stellen. Sie werden im Vorfeld unterrichtet, in kleinen Gruppen so wie hier, auf was zu achten ist, wie manipuliert werden kann. Der Kreativität bei der Manipulation seien da keine Grenzen gesetzt, meint Bojana Trninic. Da würden nachträglich Vorzugsstimmen angekreuzt, leere Stimmzettel ausgefüllt. Eine niedrige Wahlbeteiligung erleichtert den Wahlbetrug. Bojana Trninic: "Aber genau aus diesem Grund haben wir von pod lupom und alle anderen Bürgerinitiativen aufgerufen, unbedingt wählen zu gehen. Es reicht, den Zettel irgendwie auszufüllen, auch wenn man ungültig wählt. Aber jeder leere Stimmzettel öffnet Tür und Tor zur Manipulation."
Die Präsenz der unabhängigen Wahlbeobachter diesmal wird diese Praktiken wohl eindämmen helfen, ist Bojana Trninic überzeugt, aber es gibt auch andere Manipulationen, und zwar im Vorfeld der Wahlen. "Wer in einem öffentlichen Unternehmen angestellt ist, in einem Ministerium, in einer Schule, auf den wird einfach massiv Druck ausgeübt. Da wird mit dem Lohnzettel gleich Werbematerial für die Partei zugeschoben. Das heißt: du weißt jetzt, wie du zu wählen hast."
Pod Lupom hat da eine Hotline eingerichtet, wo sich Betroffene anonym melden können. "Wir dokumentieren auch all diese Fälle", sagt Bojana Trninic. Aber solange die Menschen Angst um ihren Job haben, in einem Land mit 40 Prozent Arbeitslosigkeit, eine nachvollziehbare Angst, betont sie, solange werde es nur anonyme Meldungen geben. Rechtliche Konsequenzen für die jeweiligen Politiker, sagt Bojana Trninci, könne es dann nicht geben.