"Pickerl" für Respekt vor Privatleben
Arbeitsmediziner und Psychologen warnen vor der Belastungen durch dauernde Erreichbarkeit. Sie fordern von den Firmen besseren Schutz für die Mitarbeiter und Regeln, die realistisch sind und umgesetzt werden. In Deutschland hat das "Slow Media Institut" ein eigenes Zertifikat entwickelt, gemeinsam mit dem TÜV, also zusagen ein "Pickerl" für Firmen, die für dieses Thema ein gutes Konzept haben. Ähnliche Pläne gibt es auch in Österreich.
8. April 2017, 21:58

Nadja Hahn
Mittagsjournal, 10.10.2014
Firmen müssen Regeln schaffen
Mittlerweile betrifft das Thema nicht nur Manager mit Blackberry oder Vertreter mit Diensthandy. Technisch jederzeit erreichbar und online sein zu können, hat dazu geführt, dass es Arbeitskräfte in vielen Branchen und Positionen betrifft. Die Erreichbarkeit selbst zu regeln, funktioniert meist gar nicht, sagt Sabria David vom Forschungsinstitut Slow Media in Deutschland. Denn die Kluft zwischen dem, was Firmen zu ihren Mitarbeitern sagen und was sie dann ihnen dann tatsächlich abverlangen, sei oft groß. Das Slow Media Institut beschäftigt sich mit dem digitalen Wandel. Gemeinsam mit dem TÜV Rheinland hat man ein Zertifikat entwickelt, bei dem geprüft wird, ob und wie Firmen realistische und faire Regeln in diesem Bereich schaffen. Denn ganz wichtig ist, dass man bespricht und festlegt, wie man es in der Firma mit der Erreichbarkeit hält. Momentan befindet man sich in der Pilotphase, es gibt zwar etliche Firmen und Institutionen, die Interesse angemeldet haben, aber noch hat niemand die Prüfphase durchlaufen, noch gibt es also kein "Pickerl" dafür.
Mut zum Abschalten
Dass die ständige Erreichbarkeit zum Problem werden kann, hat man auch in Österreich erkannt. Der TÜV Austria bietet ein Zusatzmodul mit dem Titel "Arbeitsmanagement und digitaler Arbeitnehmerschutz" an. Auch hier muss man erst einmal das Bewusstsein dafür schaffen, sagt Geschäftsführer Stefan Wallner. Für das Zertifikat müssen bzw. müssten Firmen nachweisen, dass sie ein Konzept haben, das auch dem Praxistest standhält. Wie groß da die Marktchancen sind, lässt sich noch schwer einschätzen, so Wallner. Wenn es firmenintern keine klaren Regeln gibt, soll man die einfordern, sagen Arbeitsmediziner. Denn der Mut zum Abschalten ist wichtig.