Die "Café Sonntag"-Glosse von Thomas Maurer

Denkmälern stehe ich, falls ich sie überhaupt wahrnehme, mit einer Art positiver Indifferenz gegenüber. Es gibt ganz hübsche und erstaunlich hässliche, die aber gemeinsam haben, dass man durch sie auch nicht stärker zum Denken angeregt wird als durch sonstige Zivilisationsartefakte. Und wenn, dann meist nicht in der gewünschten Weise.

Das am Heldenplatz befindliche Reiterstandbild Erzherzog Karls hat mir zum Beispiel noch nicht ein einziges Mal Ehrfurcht vorm Haus Habsburg eingeflößt, aber doch Respekt für die handwerkliche Meisterschaft, mit der das mordsdrum Bronzeross auf den Hinterbeinen ausbalanciert ist. Übrigens hat Österreich unmittelbar vor Einweihung dieser Siegesikone die Schlacht von Solferino verloren. Und, kurz nach Enthüllung des benachbarten Prinz-Eugen-Denkmals, die von Königgrätz.

Das fällt mir beim Überqueren des Heldenplatzes nämlich tatsächlich jedes Mal ein. Genau so verlässlich, wie ich für eine gespenstische Mikrosekunde auf dem großen Hofburgbalkon das Braunauer Riesenarschloch in die gebannte Menge belfern sehe. Überhaupt finde ich unsichtbare Denkmäler, wie zum Beispiel den in der Tempelgasse so offensichtlich nicht mehr vorhandenen Tempel, eindrucksvoller als gebaute.

Als in meiner Jugend der hysterische Kulturkrieg ums Denkmal am Albertinaplatz geführt wurde, war ich zwar ein Gegner von dessen Gegnern, aber nicht direkt Befürworter von etwas, das mir damals schon mehr ein Hrdlicka, denn ein Gedenkmonument zu sein schien.

Doch trotz aller Denkmals-Indifferenz gefällt mir der Gedanke, dass jetzt die Wehrmachtsdeserteure endlich auch eines bekommen. Die Idee, an jene zu erinnern, die tapfer genug waren, nicht den Helden zu spielen, verdient schon ein wenig symbolischen öffentlichen Raum. Auch wenn vermutlich auch dieses Denkmal bald dem klassischen Schicksal seiner Gattung anheimfallen wird: vor aller Augen unsichtbar zu sein.