Bandion-Ortner: Fall für Justiz Neuland
Der Fall der Exministerin und karenzierten Richterin Claudia Bandion-Ortner, die als Generalsekretärin des König-Abdullah-Zentrums die Todesstrafe in Saudi-Arabien verharmlost hat, liegt seit gestern beim Oberlandesgericht Graz - der zuständigen Disziplinarbehörde. Wie lange ein allfälliges Verfahren dauern wird und ob die Vorwürfe für eine disziplinarrechtliche Verurteilung reichen, ist allerdings völlig offen. Fest steht nur: der Fall Bandion-Ortner ist alles andere als Routine und inhaltlich eher beispiellos.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.10.2014
In Graz legt man Wert darauf, dass es in dem konkreten Fall keine formale Disziplinaranzeige gebe. Es sei lediglich das umstrittene Interview im Nachrichtenmagazin PROFIL zur allfälligen weiteren Veranlassung übermittelt worden, wie die Sprecherin des Oberlandesgerichts, Caroline List, betont. Im Wesentlichen geht es um zwei Aussagen von Claudia Bandion-Ortner, die von der PROFIL-Redakteurin Christa Zöchling mitgeschnitten worden sind. Bandion-Ortner auf den Vorhalt, dass in Saudiarabien nach dem Freitagsgebet Hinrichtungen stattfinden: das sei nicht jeden Freitag.
Und dann lobt die Exministerin auch noch die schwarze Abaya, die sie bei einem Besuch in Saudiarabien tragen musste und die gemeinhin als Symbol für die Unterdrückung der Frauen dort gilt. Bandion-Ortner sagt, es sei ein angenehmes Kleidungsstück. es erinnere sie an den Talar, den sie gewöhnt sei.
Geprüft werden muss jetzt von der Disziplinar-Behörde, ob diese Aussagen - vor allem jene zur Todesstrafe - dem Paragraf 57 des Richter- und Staatsanwaltschafts-Dienstgesetzes widersprechen. Der entscheidende Absatz 3 ist sehr weit gefasst: Richter und Staatsanwälte haben sich im und außer Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihrer Berufsstände nicht gefährdet wird.
Im und außer Dienst - auf Bandion-Ortner trifft als karenzierte Richterin ja Letzteres zu. Und im Oberlandesgericht Graz heißt es, dass das in Disziplinarangelegenheiten schon noch einmal einen Unterschied mache. Also ob jemand auch als Richter arbeitet oder nicht. Grundsätzlich sei die Disziplinarkommission aber sehr frei in ihrer Vorgangsweise - sie könne die Sache sofort einstellen, erst später behandeln oder auch Erhebungen durchführen lassen.
Der Ausgang eines allfälligen Verfahrens sei daher höchst ungewiss. Auch deshalb, weil Fälle wie dieser praktisch nie vorkommen. 54 Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte habe es 2013 gegeben. Doch da ging es um Druckausübung auf Parteien, einen Vergleich zu machen, um Alkohol-Unfälle mit Fahrerflucht und auch um jenen Staatsanwalt, der im Zuge des Tierschützerprozesses in Wiener Neustadt mit seinen Händen eine Schussabgabe auf vor dem Gericht stehende Menschen simuliert hat. Der Fall von Ex-Justizministerin Bandion-Ortner ist für die Justiz Neuland.
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