Igor Zabel Award: Zeichen an Russland

"Ein starkes Signal nach Russland senden" will man heuer mit der Vergabe des Igor Zabel Award for Culture and Theory: Die russische Kunsthistorikerin, Autorin und Kuratorin Jekaterina Degot setzt sich mutig dafür ein, dass die Kulturlandschaft Russlands nicht zur nationalistischen Spielweise Moskauer Politik wird.

Morgenjournal, 7.11.2014

Der diesjährige Igor Zabel Award ist ein deutliches Zeichen an die russische Dissidentenszene. Die Unterstützung durch den Westen sei genau das, was die russische Künstler- und Dissidentenszene derzeit brauche, sagt die 1958 geborene Kunsthistorikerin und Kuratorin Jekaterina Degot. Sie unterrichtet an der Alexander Rodtschenko Schule in Moskau und leitet die Akademie der Künste der Welt in Köln.

Oppositionelle verlassen Russland

Die neue russische Dissidentenszene habe es im nationalistisch aufgeheizten Klima des Ukrainekonflikts und angesichts einer neuen Ära der Ost-West-Konfrontation immer schwerer, innerhalb, aber vor allem auch außerhalb Russlands wahrgenommen zu werden, sagt Degot. Vor allem die Zustimmung, die Vladimir Putin in der breiten Bevölkerung erhalte, hinterlasse bei Oppositionellen und Dissidenten im Kulturbereich das Gefühl, in einem Ghetto zu leben. Viele würden das Land verlassen.

Aktivist Kirill Medvedev erhält Stipendium

Auch eines der drei Igor Zabel Stipendien, die mit jeweils 12.000 Euro dotiert sind, geht nach Russland: an den russischen Aktivisten, Schriftsteller und Übersetzer Kirill Medvedev, der in seinem Verlag Free Marxist Press Bücher in alter Samizdat-Tradition produzierte, wie es in der Ära Breschniev in den 1960er und 70er Jahren noch handschriftlich üblich war: Medvedev produzierte die Bücher selbst, in winzigen Auflagen in der eigenen Werkstatt. Eine pure wirtschaftliche Notwendigkeit sei das gewesen, wie er sagt.

Medvedev ist eine der Leitfiguren in der zeitgenössischen russischen Lyrikszene. Mit seiner Band Arkady Kots - benannt nach dem russischen Revolutionsdichter Arkady Kots, der 1902 die russische Fassung der "Internationalen" schuf - adaptiert er alte europäische Revolutionslieder und schuf damit u.a. so etwas wie die Hymne für die Demonstrationen gegen die Pussy-Riot-Verhaftung.

Das sind neue Lieder für eine neue Protestkultur in Russland: um gegen die Gesetze zur Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit, gegen die Razzien bei Regimegegnern und gegen die russische Ukrainepolitik zu anzutreten.

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