25 Jahre deutscher Mauerfall

Die Berliner Mauer - jahrzehnte lang das Symbol für den kalten Krieg und die Trennung Europas gewesen. Inder morgigen Nacht jährt sich der Mauerfall zum 25 Mal. Die Jubelbilder aus der damaligen historischen Nacht können bis heute zu Tränen rühren. Dabei wird oft vergessen, wie viele Menschen bei dem Versuch, die Mauer zu überwinden, ihr Leben verloren haben. Sie wurden auf der Flucht erschossen oder sie sind ertrunken.

Morgenjournal, 8. November 2014

Tot durch Freiheitsdrang

Berlin im Herbst 1986, drei Jahre vor dem Mauerfall. Der damals 25-jährige Micha Bittner will raus aus der DDR. Er hat schon unzählige Ausreiseanträge gestellt, doch allesamt vergeblich. Jetzt will er an einer unbeobachteten Stelle mit einer Leiter die Mauer überklettern. Seine Mutter Irmgard Bittner erfährt erst Jahre später, nach dem Ende der DDR, was passiert ist. Er soll mit 37 Pistolenschüssen, auf der Leiter stehend, von hinten erschossen worden sein.

Heute kann man die Todesfälle mit Hilfe von Akten rekonstruieren: Schüsse in den Rücken, gezielte Kopfschüsse aus nächster Nähe, Dauerfeuer aus Maschinenpistolen. Die Grenzschützer der DDR lassen Angeschossene im Grenzstreifen verbluten und vertuschen die Morde mit Hilfe der Stasi. Die DDR muss vor der internationalen Öffentlichkeit um ihren Ruf fürchten.

Betroffene wollen bis heute nicht sprechen

Der Regisseur Stefan Weinert hat einen Dokumentarfilm über die Familien der Mauertoten gemacht und ist erst einmal auf große Zurückhaltung gestoßen. Das Trauma wirkt bis heute nach. Von 138 Familie wären lediglich sechs vor der Kamera gewesen.

In seinem Film "Die Familie", der gerade in Deutschland in die Kinos gekommen ist, wird auch von Rainer Liebeke erzählt. Der 35-jährige Maschinenschlosser will durch einen See nach Westberlin flüchten, zwei Schüler finden eine Woche später die Leiche. Im Stasi-Protokoll steht geschrieben: "Todesursache aufgrund des Zustands der Leiche nicht mehr feststellbar". Die Witwe des Toten, Elke Liebeke, weiß bis heute nicht, ob er ertrunken ist oder erschossen wurde. Vor und während der Beerdigung habe die Stasi all jenen, die zur Beisetzung ihres Mannes kommen wollen, mit Konsequenze gedroht.

Justiz hat bis heute versagt

Auch Rainers Schwester Beate kann mit dem Verdacht und der Ungewissheit nur schwer leben. Für sie selbst war es nach dem Verlust ihres Bruders sehr schwer gewesen, in dem damaligen System weiter zu existieren. Ihre Mutter habe den Tod des Bruders nie überwunden.

Den Mauerschützen wird erst nach der Wende der Prozess gemacht. Man habe gehofft, dass mit diesen Prozessen Gerechtigkeit wiederfahre und die Verantwortlichen zur Verantwortung und Rechenschaft gezogen werden, sagt Beate.

Doch diese Hoffnung erfüllt sich nicht. In den allermeisten Fällen werden die Todesschützen nur zu Bewährungsstrafen verurteilt. Der Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen und über die empfundene Ungerechtigkeit wirkt bis heute nach, auch 25 Jahre nach dem Fall der Mauer.