Spinnen im Netz

"Café Sonntag"-Glosse von Wiglaf Droste

Nicht jeder im Internet ist irrsinnig, aber jeder Irrsinnige ist garantiert im Internet. Faszinierend, was man alles von zu Hause aus machen kann: 6000 Schuss Munition bestellen zum Beispiel. Es ist immer gut, etwas Vorrat im Hause zuhaben - wer weiß, wozu man das noch brauchen kann.

Auch debattieren kann man im Netz, diskutieren, streiten, sogar exzessiv mit Anstänkern und so richtig die Sau raus lassen. Und nie muss man jemandem real gegenübertreten und ihm etwas offen ins Gesicht sagen.

Nicht einmal beim Flirten muss man sich in die Augen gucken, das geht dann auch viel leichter, ganz ohne schüchterne oder linkische Bewegungen, oder Rotwerden, und das lästige Herzklopfen unterbleibt auch. Sinne braucht man schon noch, zum Glotzen und für die Gratismusik, und den Tastatursinn natürlich. Aber schmecken, riechen - muss man wissen, ob man sich riechen kann, um jemanden zu begehren?

Ach was, der altmodische Kram wird sehr überschätzt. Und während man alleine vor dem Rechner sitzt und vor sich hin verasozialt, ist man nicht nur mit der ganzen Welt verbunden, man ist sogar König der Welt. Gefühlt. Also, ganz wie in echt.