Ferguson: Angst vor neuen Unruhen

Drei Monate ist es her, dass der unbewaffnete 18-jährige Afroamerikaner Michael Brown in Ferguson von einem weißen Polizisten erschossen wurde. Die Folge waren heftige Proteste und Unruhen - der Tod für Michael Brown ist für viele ein Symbol für den Rassismus der amerikanischen Polizei gegenüber der schwarzen Bevölkerung. In diesen Tagen soll nun bekannt gegeben werden, ob der Polizist angeklagt werden soll - oder nicht. Und in Ferguson wächst die Angst vor neuerlichen Unruhen.

Verbarrikadierte Geschäftslokale

ORF/VERENA GLEITSMANN

Morgenjournal, 19.11.2014

Aus Ferguson,

Gespenstische Stille auf der Hauptstraße von Ferguson. dort, wo normalerweise geschäftiges Treiben herrscht, sieht man jetzt vor allem eines: Holzspanplatten. Sie sind an alle Geschäfte genagelt, an die Fastfood-Restaurants, die Supermärkte, die Tankstellen – Ferguson wirkt wie eine verlassene Stadt:

"Wir haben einfach Angst, die Anspannung wächst mit jedem Tag", sagt Lamar Smith, der in einem Kleidergeschäft arbeitet, das man als solches von außen gar nicht erkennen kann. Wir sind offen, steht quer über die Holzbalken geschrieben – doch auch innen sieht es nicht wirklich danach aus. Seit August haben wir kaum mehr Ware ausgestellt, wir haben das Geschäft verriegelt - uns zuhause mit Wasser und Essen eingedeckt. die Proteste haben nie aufgehört. Jede Nacht randalieren die Leute, und zerstören Sachen – und ich bin mir sicher, es wird nur schlimmer.

Nämlich dann, wenn die Geschworenen in Ferguson entscheiden sollten, den weißen Polizisten Darren Wilson nicht des Mordes an Michael Brown anzuklagen, glaubt die 36jährige Kendra Murphy: Wir sind hier wie gelähmt vor Angst. die Leute sind wütend, wissen Sie. Wir Schwarzen, wir werden schlechter behandelt als weiße, Unsere Männer werden häufiger getötet. Und die Leute wollen, dass das die ganze Welt weiß. sie haben auch Recht, aber es ist außer Kontrolle geraten.

Ferguson bereitet sich aufs Schlimmste vor. Holzplatten vor den Türen, Gitter vor den Fenstern – und Waffen in der Schublade. John Stephenson ist der Manager Von Metro Shooting Supplies, einem Waffenladen, nur eine Viertelstunde von Ferguson entfernt. Er habe noch nie so viel Umsatz gemacht wie in den vergangenen Wochen, erzählt er: An einem normalen Tag verkaufen wir zwischen 10 und 15 Waffen – jetzt sind zwischen 30 und 50. Die Leute sind besorgt, sie erzählen uns von Typen in der Nachbarschaft, die sie bedrohen, von Fremden in ihren Gärten. Sie wollen in der Lage sein, sich zu verteidigen.
Auch die Polizei rüstet auf: 300.000 Dollar wurden in den vergangenen Wochen für neue Ausstattung ausgegeben, für Tränengas, Handschellen, Helme, Schlagstöcke.

Diese Woche hat der Bundesstaat Missouri sogar den Notstand ausgerufen – und die Nationalgarde aktiviert - Für viele hier in Ferguson ein Zeichen dafür, dass die Polizei auch diesmal mit aller Härte gegen die Demonstranten vorgehen will. Die Leute haben das Recht zu demonstrieren, verteidigt sich Polizeichef Sam Dotson, aber wir werden alles tun, was notwendig ist, um die Bevölkerung und unsere Beamten zu beschützen.

Niemand weiß, wann die Entscheidung fällt, ob Darren Wilson angeklagt wird oder nicht. Aber alle wissen: egal, was passiert. Ferguson wird dann kein sicherer Ort mehr sein