HCB-Belastung: Späte Information

Der Kärntner Hexachlorbenzol-Skandal hat gestern einen neuen Höhepunkt erreicht. Über die Austria Presseagentur wurde bekannt, in einem Topfen- und einem Ricotta-Produkt aus dem Görtschitztal sei schon Ende März der Grenzwert für HCB überschritten worden. Die Ages, die bundesweite Agentur für Ernährungssicherheit, hat die Werte gemessen, war also informiert, die Bevölkerung wurde aber nicht informiert. Zu Recht, heißt es nun von der Kärntner Lebensmittelaufsicht, denn man habe nicht von einer echten Grenzwertüberschreitung sprechen können.

Massenspektrometer

APA/ROLAND SCHLAGER

Morgenjournal, 12.12.2014

"Formal nicht gesundheitsgefährdend"

Der Grenzwert war überschritten aber eigentlich doch nicht. Denn es gebe für die im März untersuchten Produkte Topfen und Ricotta-Käse keine eigenen Grenzwerte, sagt Alfred Dutzler, Leiter der Kärntner Lebensmittelaufsicht. Sondern nur für Rohmilch. Und umgerechnet auf Rohmilch sei der Grenzwert damals nicht überschritten gewesen. "Durch die EU-Verordnung ist der Höchstwert geregelt für die Rohmilch. Wenn ich hier den Grenzwert nicht übersteige, dann ist das Produkt verkehrsfähig."

Der Hintergrund: wegen des höheren Fettgehalts enthält Topfen und Käse automatisch mehr HCB. Aber eine Information der Bevölkerung im März hätte laut Dutzler sogar rechtswidrig sein können.
"Wenn ich keine Überschreitung habe, wenn ich keine Gesundheitsgefährdung habe, darf ich an sich wegen des Amtsgeheimnisses nicht informieren, weil dann riskiere ich die Amtshaftung."

Aber die Sonnenalm-Molkerei habe in der Folge die besonders HCB-belastete Milch von zwei Bauern nicht mehr verarbeitet. Und gemeinsam mit Landwirtschaftsressort und Landwirtschaftskammer sei begonnen worden, nach Ursachen zu suchen - in Futter, Heu und Boden.

Auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser von der SPÖ sieht keinen Fehler nach den Messwerten im März. Sie meint im Interview, es war in Ordnung, dass Alois Stöger, ihr Vorgänger als Gesundheitsminister nicht informiert wurde: allerdings im Nachhinein gesehen wäre es besser gewesen. Die AGES habe den Auftraggeber, die AGES informiert. Formal sei es nicht als gesundheitsgefährdend gewertet worden.

Offenbar hat nur ein Politiker im Frühjahr vom HCB-Problem erfahren - der Ex-Agrarlandesrat Wolfgang Waldner von der ÖVP, kurz vor seinem Ausscheiden aus der Landesregierung. Alle anderen sagen, sie wurden erst im November informiert. Und auf der Homepage der Agentur für Ernährungssicherheit stand noch gestern: Die AGES untersuche routinemäßig Lebens- und Futtermittel auf das verbotene HCB. Bis auf Kürbiskerne und Kürbiskernöle seien in den vergangenen Jahren keine auffälligen Befunde festgestellt worden.