Essayistisches Lob der Nüchternheit

Unter dem Einfluss von Alkohol ist schon viel geschrieben worden, aber auch über das Thema Alkohol selbst. Da wurde etwa die Kultur des gepflegten Trinkens gefeiert oder, ganz im Gegenteil, vor den fatalen Nebenwirkungen des Alkoholkonsums gewarnt. Jetzt hat der Berliner Autor und Journalist Daniel Schreiber einen klugen Essay zum Thema vorgelegt: "Nüchtern. Über das Trinken und das Glück".

Mittagsjournal, 30.12.2014

„Mein Leben war völlig vom Trinken bestimmt“, erklärt Daniel Schreiber. Vor drei Jahren, er war damals 34 und Kulturchef des Berliner Magazins „Cicero“, hat er die Notbremse gezogen: Daniel Schreiber hat dem Alkohol abgeschworen - und zwar komplett - und er hat ein Buch geschrieben: „Über das Trinken und das Glück“, so der Untertitel.

„Nüchtern“ ist kein bekenntnishaftes Buch und keine Lebensbeichte. Vielmehr geht es Daniel Schreiber um ein gesellschaftspolitisches Problem. Zitat: „Ohne das Ventil des Alkohols, ohne seine kraftvolle Abschaltfunktion, würde unser System von Wirtschaft und Arbeit wahrscheinlich nicht so gut funktionieren.“

Acht Jahre lang hat Daniel Schreiber in New York gelebt. Dort ist unter anderem seine große Biografie über Susan Sontag entstanden und Daniel Schreiber hat erfahren: in den USA geht man anders mit dem Thema Alkohol um.

"Können Sie mir nur fünf amerikanische Schriftsteller seit Edgar Allan Poe nennen, die nicht an Alkoholismus gestorben sind?" fragt einst Sinclair Lewis. Und der Arzt und Dichter Gottfried Benn, hat eine Liste zusammengestellt: "Es tranken mit der erklärten Absicht des Rausches:
Opium: Shelley, Heine, Poe.
Absinth: Musset, Wilde.
Äther: Maupassant.
Alkohol: Alexander der Große, Sokrates, Seneca, Cato, Caesar, Rembrandt, Gluck, Schubert, Händel, Poe, Verlaine, Grabbe, Lenz, Jean Paul, Beethoven." Die Liste wäre noch fortsetzbar.

Daniel Schreiber ist jedoch überzeugt: Kreativität braucht kein Rauschmittel.