Kulturgut in Gefahr

Raubgrabungen, Plünderungen von Kulturerbestätten, Kunstraub aus Kirchen, Museen und Sammlungen - der illegale Handel mit gestohlenen und unrechtmäßig ausgeführten Kulturgütern steht an vorderer Stelle der weltweiten Kriminalitätsstatistik: neben Waffen- und Drogenhandel und der Cyberkriminalität. Die Frage ist: Was können Politik, Wissenschaft und Kultureinrichtungen dagegen tun? Darüber wurde im Rahmen eines internationalen Kongresses in Berlin diskutiert.

Kulturjournal, 02.01.2015

Raubgrabungen und illegaler Kunsthandel

Wer die Welt von oben betrachtet, der sieht auf den Satellitenfotos des Nahens Ostens merkwürdige Veränderungen. Dunkle Flecken, genau an jenen Stellen, an denen sich UNESCO Weltkulturerbestätten und andere Ausgrabungsorte befinden. Es sind Löcher, die durch Raubgrabungen entstanden sind. Denn im bürgerkriegsversehrten Syrien und im Irak hat man begriffen, dass sich mit Antiken viel Geld verdienen lässt. Schließlich befindet sich in dieser Gegend das Erbe der Menschheit, hier, wo die ersten Zivilisationen entstanden sind. Aber mit jedem Stück, das aus dem Boden geholt wird, wird dieses Erbe weniger.

Interview mit Hermann Parzinger

Kulturjournal, 02.01.2015

Wenn wir nicht bald etwas tun, werden uns künftige Generationen verfluchen, das sagt auch der Archäologe Hermann Parzinger. Er ist einer der bedeutendsten deutschen Archäologen und Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Parzinger engagiert sich vehement gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern, in Nordpakistan ist er auch schon von bewaffneten Grabräubern bedroht worden. Haben die Schäden im Irak und in Syrien dem Fach Archäologie zu einer neuen Aufmerksamkeit verholfen?

100 Jahre Interpol

Kulturjournal, 02.01.2015

Es gibt Handlungsbedarf, um den illegalen Handel mit Kulturgütern zu unterbinden. Ähnlich wie im Umgang mit NS-Raubkunst, müssen Informationen über geraubte Kulturgüter gesammelt, strukturiert und weitergegeben werden. Hier sind Forschungseinrichtungen gefragt, aber auch Ermittlungsbehörden wie Interpol. Kaum eine internationale Organisation ist so angesehen und prestigeträchtig wie diese. Und kaum eine ist auch so mysteriös und mit falschen Vorstellungen verbunden.

Wie Interpol in Filmen und Kriminalromanen dargestellt wird - das hat nur wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Interpol kann z.B. nicht selbst als "internationale Polizei" tätig werden, es kann keine Kriminellen verhaften und keine Ganoven im James-Bond-Stil zur Strecke bringen. All das obliegt der nationalen Polizei in den 190 Mitgliedsländern.

Die tatsächliche Aufgabe von Interpol ist die Vernetzung von Informationen: Fotos, Fingerabdrücke, DNA, alles, was über einen Verdächtigen bekannt ist, wird per Mausklick übermittelt. Vor hundert Jahren wurde der Vorläufer der heutigen Organisation gegründet, bei einem internationalen Polizeikongress in Monaco. Seit 25 Jahren residiert Interpol in Lyon. Journalist/innen kommen nur sehr selten in dieses Gebäude.

Und in Magdeburg hat seit Jahresbeginn das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste seine Arbeit aufgenommen. Unter einem Dach vereint sind da die Arbeitsstelle für Provenienzforschung, die Taskforce Schwabinger Kunstfund und die Forschungsstelle "Entartete Kunst" der FU Berlin. Thematisch wird man sich hier nicht nur mit der NS-Raubkunst beschäftigen, sondern auch mit den Kulturgutverlusten in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und der DDR.