Amazon in Hollywood

Online-Streaming-Dienste wie "Netflix" oder der vom ORF übernommene Videodienst "Flimmit" sind schon lange mehr als nur Videotheken im Internet. Mit aufwendigen Eigenproduktionen drängen sie ins traditionelle Film- und Fernsehgeschäft. Jetzt hat Netflix einen weiteren Konkurrenten: Amazon. Das Filmstudio des Online-Versands hat am Wochenende für seine Internetserie „Transparent" gleich zwei Golden Globes gewonnen

Preisverleihung

Jill Soloway (L) and Jeffrey Trambor (R) mit ihren Golden Globes für "Transparent"

APA/EPA/PAUL BUCK

Mittagsjournal, 17.1.2015

Die Golden-Globes-Verleihung in Los Angeles - ein rauschendes Highlight für die Film - und Fernsehwelt mit großen Emotionen, Tränen, und Dankesreden, die dieses Mal einen für Hollywood doch eher ungewöhnlichen Adressaten hatten: „Ich danke Amazon und Jeff Bezos“, jubelten die Macher der gleich zweimal ausgezeichneten Fernsehserie „Transparent“.

Vom Online-Versand zum Hollywoodproduzenten - keine Branche, ob Raumfahrt oder Zeitungsmarkt, scheint vor Amazonchef Jeff Bezos sicher zu sein. Seit 2010 hat Amazon ein eigenes Filmstudio und den Streaming-Dienst „Prime Instant Video“.
Und mit den ersten Golden Globes für „Transparent“ hat sich Amazon jetzt endgültig in der Unterhaltungsindustrie etabliert. Als Beweis dafür hat sich das Unternehmen nun Film-Ikone Woody Allen geangelt: Allen wird kommendes Jahr seine allererste TV-Serie produzieren - exklusiv für Amazon Prime-Kunden.

Gemeinsam mit dem US-Videodienst Netflix lehrt Amazon die traditionellen TV-Networks in Hollywood das Fürchten. „Die Dynamik in der Fernsehbranche hat sich in den letzten Jahren rasant verändert“, sagt Steven Ennen von der Unterhaltungsforschungsfirma Centris. „Die Konsumenten haben viel mehr Möglichkeiten, qualitätsvolle Unterhaltung im Internet zu bekommen. Und das zeigt sich auch in den Zahlen.“

Netflix hat für dieses Jahr gleich zehn neue Eigenproduktionen angekündigt. Und Amazon hat alleine im ersten Quartal 2014 100 Millionen Dollar für Eigenproduktionen in die Hand genommen.
Ein weiser Blick in die Zukunft, glaubt Andrew Wallenstein vom US-Branchenmagazin "Variety". Denn exklusive Inhalte für eigene Kunden würden auf dem umkämpften Markt der Videodienste immer wichtiger werden - vor allem, wenn sich die in die Enge getriebenen Networks irgendwann zur Wehr setzen. „Noch machen die großen TV-Kanäle viel Geld damit, dass sie Streaming-Diensten wie Netflix ihre Serien verkaufen. Aber sollten sie draufkommen, dass sie ihnen schaden, werden sie die Serien zurückziehen.“

Für die Filmbranche sei der neue Wettbewerb aber erfrischend, glaubt Wallenstein. Denn die „Neuen“ in Hollywood haben vor allem eines: viel Geld. Für neue Ideen, neue Technologien, neue Filmemacher, kreative Autoren. „Vor drei oder vier Jahren haben die meisten noch gelacht, wenn es hieß, dass man im Internet jene Art von qualitätsvoller Unterhaltung finden könne, die man von den großen Networks kannte“, sagt Wallenstein.

Mittlerweile lachen die anderen - und halten Preise in den Händen