"Faust" im Wiener TAG

Das Theater an der Gumpendorfer Straße in Wien, das TAG, wagt sich in der Regie von Gernot Plass an Goethes "Faust". Heute Abend ist Premiere.

Das Theater an der Gumpendorfer Straße genießt seit einigen Jahren den Ruf - eines der interessantesten Off-Theater der Bundeshauptstadt zu sein. Erst vor zwei Monaten wurde das dort gezeigte Stück "Der diskrete Charme der smarten Menschen" mit dem Nestroy für die beste Off-Produktion ausgezeichnet, die Kritiken auf fast alle dort gezeigten Stücke sind hymnisch.

Kulturjournal, 23.01.2015

Vor zehn Jahren gegründet, ist das TAG, das sich in den ehemaligen Räumlichkeiten der Gruppe 80 in Wien befindet, mittlerweile zum Wiener Stadttheater geworden. Hier werden Ur- und Erstaufführungen gezeigt und eine besondere Spezialität sind die Überschreibungen von alten Klassikern der Weltliteratur.

Zeitloser "Faust"

Gernot Plass hat den "Faust" aus der Zeit gehoben - zeitlos gemacht. Den klassischen Gelehrten und Alchimisten, der sich der Magie verschreibt verwandelt er in einen rastlosen Uniprofessor, der in seinem kargen Arbeitsraum Selbstversuche mit sinneserweiternden Substanzen macht. Die "Faust"-Überschreibung war für Gernot Plass nach den Shakespearschen Königsdramen und Schillers Räuber die Königsklasse und die logische Konsequenz.

"Ich fühl mich angezogen durch gute Stücke", sagt Plass, und man glaubt diesem energiegeladenen und übersprudelnden Mann aufs Wort, dass er für seine "Faust"-Überschreibung nur zwei Monate gebraucht hat. Da ist kein Wort mehr von Goethe drin - und trotzdem klingt es so.

Die uralte Sprache raus - und eine neue moderne rein - und die Struktur belassend. Wobei Gernot Plass bescheiden zugibt, dass er Goethes Knittelverse, Hexameter, Pentameter und Alexandriner durch den fünfhebigen jambischen Blankvers ersetzt habe, das sei einfach sein Stil.

"Unbedingt empfehlenswert", "So soll Theater sein", "Eine Ausnahmeleistung", "Schlichtweg grandios" - selten können sich kleine Off-Theater über so euphorische mediale Beachtung erfreuen, wie das TAG. Der Lokalaugenschein bei einer Voraufführung von "Faust" gibt recht: Das Theater ist bis auf den letzten Platz besetzt, schon Tage vor der Premiere. "Das war ja cooler, als ich gedacht hab", sagt ein junger Bursch beim Hinausgehen anerkennend zur Lehrerin, die mit ihren Schülern die Vorstellung besucht hat.

Julian Loidl in der Titelrolle

Keine einfache Aufgabe für die Schauspieler - und schon gar nicht für den Faust - Julian Loidl der die Rolle aufgrund der Erkrankung eines Schauspielers im Dezember kurzfristig übernommen hat. Die Premiere wurde in den Jänner geschoben. Dass Gernot Plass im TAG exzellente Darstellerinnen und Darsteller zur Verfügung hat, beweist auch Jens Claßen, als Mephisto.

Und was macht Plass aus jener Kraft die stets das Böse will und stets das Gute schafft? "Mephisto ist ein Trieb, ein Humor, die Distanz und auch der Schalk in uns. Das hab ich verändert. Er repräsentiert nicht das Böse sondern ist das andere. Das was uns ganz macht, das was uns fehlt", so Plass. Das Vorspiel am Theater - wo Theaterdirektor, Künstler und lustige Person über den Zweck des Theaters streiten - mag Plass besonders, vereint er doch in sich selbst alle drei.

Gernot Plass leitet bis 2017

Bis Ende 2017 leitet Gernot Plass noch das TAG. Er hat einen Vierjahresvertrag und das Vertrauen der Stadt Wien. Aus dem einst privaten Verein mit kollektiver und dann abwechselnder Leitung, der vor zehn Jahren in die Räumlichkeiten der Gruppe 80 in der Gumpendorfer Straße gezogen ist, ist mittlerweile ein Stadttheater geworden, das wie der Dschungel, das Werk x oder das Brut zum Wiener Theaterverein gehört. 2013 gab es einen leichten Besucherrückgang, 2014 allerding war das beste Jahr des TAG.

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