Schieles Geliebte "Wally"

Eigentlich hieß sie Walburga Neuzil, bekannt wurde sie aber unter ihrem Kosenamen "Wally". Vier Jahre, zwischen 1911 und 1915, lebte Wally Neuzil in wilder Ehe mit Egon Schiele. Bis heute zeugen unzähligen Zeichnungen, Aquarelle und einigen Gemälde, die zu den großen Meisterwerken des österreichischen Expressionismus gehören, von diesem Verhältnis des Künstlers zu seinem Modell. Das Leopold Museum widmet nun der Frau an Schieles Seite eine Ausstellung.

Wally Neuzil von Egon Schiele, Bildausschnitt

Wally Neuzil, 1912 (Bildausschnitt)

LEOPOLD MUSEUM WIEN

Hellblaue Augen, rotes Haar, der Kopf leicht geneigt, die Lippen zusammengepresst. 1912 verewigt Egon Schiele seine damalige Lebensgefährtin Wally Neuzil in einem Bild, das heute zu einem der bedeutendsten Objekte der Sammlung Leopold gehört. Die Mona Lisa des 20. Jahrhunderts wird das weltberühmte Gemälde in Österreich gelegentlich genannt.

"Schiele hatte neben Wally auch immer andere Modelle, die er auch bezahlt hat. Er hat übrigens auch Wally bezahlt. Wally hatte gegenüber anderen Modellen zwei Vorteile: Erstens sieht man auf den Aquarellen, das sie imstande war eine Vielzahl von Posen, mehr noch ein Vielzahl von Rollen einzunehmen und das war natürlich für einen phantasiebegabten Menschen wie Schiele fantastisch. Zweitens war sie ein ganz besonderes Modell. Sie hat sich nicht nur ansehen lassen, sondern sie hat auch zurückgeblickt", sagt Diethard Leopold, Sohn des 2010 verstorbenen Sammlers Rudolf Leopold und Kurator der Ausstellung "Wally Neuzil. Ihr Leben mit Egon Schiele".

Die Raubkunst-Debatte und das "Bildnis Wally"

Die Geschichte des Gemäldes ist nicht weniger bewegt, als die Geschichte der Frau, die darauf abgebildet ist. Seiner jüdischen Besitzerin wurde es in den 30er Jahren abgepresst. 1998 wird das Gemälde, das in einer Ausstellung im Museum of Modern Art in New York gezeigt wird, als Raubkunst beschlagnahmt. Es folgt ein jahrelanger Rechtsstreit der Stiftung Leopold mit den Erben der Kunsthändlerin Lea Bondi Jaray.

2010 kam es zu einer Einigung: Gegen eine Zahlung von 19 Millionen Dollar ging das Bild in das Eigentum der Leopold-Stiftung über. Im Vorfeld, der aktuellen Ausstellung im Leopold Museum wurde Kritik laut, dass in der Ausstellung auf die Provenienz des Gemäldes nicht näher eingegangen wird. Lediglich eine kleine Informationstafel erklärt die Zusammenhänge.

Hocherotisch und skandalös!

Mit 17 Jahren lernt Walburga Neuzil den jungen Maler Egon Schiele kennen – angeblich auf Vermittlung Gustav Klimts, was aber bis heute nicht belegt werden konnte. Schiele ist von dem rothaarigen Mädchen fasziniert. Bald wird Wally Egon Schieles wichtigstes Modell und seine Lebensgefährtin. Er malt sie immer wieder, oft in hocherotischen Posen. Für viele Zeitgenossen Schieles skandalös, ja pornographisch.

"Wir können nachvollziehen, dass es zu jener Zeit ein Skandal war. Teilweise sind ja die Blätter auch heute noch für viele Menschen schwer zu ertragen. Aber bereits damals gab es Bewunderer Schieles, zum Beispiel den Journalisten der Arbeiterzeitung Arthur Roessler, ein früher Schiele-Sammler", sagt Diethard Leopold, der in diesem Jahr als Vorstandsmitglied des Leopold Museums ausscheiden wird.

Nicht die einzige Veränderung im Haus: Die Position des museologischen Direktors soll noch in diesem Jahr ausgeschrieben werden und der kaufmännische Direktor Peter Weinhäupl wird seinen Vertrag nicht verlängern. Angesprochen auf die Zukunft des Hauses, gibt sich Diethard Leopold bedeckt.

Neben Bildern und Aquarellen aus den Sammlungsbeständen des Leopold Museums sind in der Ausstellung "Wally Neuzil. Ihr Leben mit Egon Schiele" auch zahlreiche Leihgaben zu sehen – unter anderem aus dem Belvedere und dem Wienmuseum.

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