Die "Café Sonntag"-Glosse von Thomas Maurer

Frust und Arbeit

Wo immer es Erwerbsarbeit gibt, gibt es auch den Hass auf sie. Dieser wird allerdings meist personalisiert: Man hasst nicht abstrakt die Verhältnisse, sondern konkret die Personen, mit denen einen diese in Kontakt bringen.

Taxifahrer hassen teils ihre Fahrgäste, teils die restlichen Verkehrsteilnehmer. Ärzte sind angewidert von den klapprigen Bazillenschleudern, die ständig in ihre Praxen eindringen. Dirigenten verachten die Orchestermusiker, diese ihrerseits das Publikum.

Was das für Menschen heißt, die ihrer Erwerbsarbeit in den diversen für Asylwerber und Flüchtlinge zuständigen Behörden und Ämtern nachgehen, sollte man aus dieser Überlegung natürlich nicht einfach hochrechnen, aber doch zumindest im Einzelfall für möglich halten.

Ein solcher Einzelfall könnte zum Beispiel auf die abseitige Idee kommen, längst erledigte, positiv entschiedene Asylverfahren darauf zu überprüfen, ob nicht der oder die seinerzeit Asylsuchende bei der ersten Einvernahme falsche Angaben gemacht hat. Und könnte dabei, da ja viele Flüchtlinge naturgemäß ein in langjähriger böser Erfahrung erworbenes Instinktmisstrauen gegenüber der jeweiligen Staatsgewalt hegen, auch immer wieder einmal fündig werden.

Was unseren beamteten Einzelfall prompt in die Lage versetzt, bereits integrierte Menschen noch nach Jahren überfallsartig aus der vermeintlichen Sicherheit ihres vermeintlich gewährten Asyls zu reißen zu können und ihnen aus den Protokollen der seinerzeitigen Ersteinvernahme einen existenzbedrohenden Strick zu drehen.

Natürlich darf man sich der Hoffnung hingeben, dass ein solcher Einzelfall nicht im ursprünglichen Sinn des Gesetzgebers handelt, aber man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass diese Praxis juristisch unanfechtbar ist in Österreich.

Wo allerdings keineswegs grundsätzlich alle Flüchtlinge schikaniert werden. Den Steuerflüchtlingen etwa, die irgendwann ihrer Barschaft unter Angabe gar keines Namens in der Schweiz Asyl verschafft haben, ist die Republik bekanntlich mit der kostspieligen Errichtung einer sogenannten goldenen Brücke mehr als großzügig entgegen gekommen.

Wohin unter diesen Umständen frustrierte Finanzbeamte ihren Hass ableiten, ist nicht bekannt. Vielleicht lassen sich ja manche auf Fremdenpolizist umschulen.