Tschechische Philharmonie zu Gast in Wien

Noch bis Sonntag gastiert die Tschechische Philharmonie mit ihrem Chefdirigenten Jiri Belohlavek im Wiener Musikverein. Zu hören ist das Kernrepertoire, das von Martinu bis Janacek reicht: Nach einer fulminanten Aufführung von Dvoraks 7. Symphonie steht noch Janaceks "Glagolitische Messe" bevor.

Kulturjournal, 20.03.2015

Wiener Musikverein ist, nach einem umjubelten Amerika-Gastspiel, die Tschechische Philharmonie endlich wieder einmal zu hören. Gestern Abend rissen die Musiker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Jiri Belohlavek das Publikum zu Bravoorkanen hin: Es war das Eröffnungskonzert einer "Residenz", in deren Rahmen das Orchester unter seinem Chefdirigenten zum Wochenende sein Kernrepertoire - von Dvorak über Janacek bis Martinu spielt.

Sie verstehen sich als Botschafter ihrer tschechischen Musik: der Klassiker von Antonin Dvorak über Josef Suk, Leos Janacek bis zu Bohuslav Martinu. Und mit diesen Klassikern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind sie auch nach Wien gekommen.

Belohlavek seit 2012 wieder Chef

Jiri Belohlavek, der zuletzt in Wien die Premiere von Dvoraks "Rusalka" an der Wiener Staatsoper geleitet hat, ist sein Herbst 2012 Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie. Wieder, muss man sagen, denn schon 1990 hatte er das Orchester als Nachfolger von Vaclav Neumann für zwei Jahre geleitet und war dann plötzlich abgewählt worden. Man suchte nach Internationalität, und es folgten durchaus renommierte Dirigenten wie Vladimir Ashkenazy oder Eliahu Inbal. Zuletzt Gastdirigenten wie Manfred Honeck oder Sir Charles Mackerras.

Der künstlerische Erfolg war durchaus gegeben, doch fehlte es an Homogenität zwischen Dirigenten und Musikern. Dem Orchester drohte seine künstlerische Identität verloren zu gehen.

Forderungskatalog: neues Management, mehr Geld

Immer wieder wurde Jiri Belohlavek, der inzwischen die Zeit für sich genutzt und eine Weltkarriere gestartet hatte, gebeten doch wieder zurückzukommen. "Ich habe immer gefragt, was sich geändert hat, seit ich weg bin. Und musste feststellen, dass das nicht genügend war."

Seine Bedingungen waren klar: Wechsel im Management, höhere Gehälter für die Musiker, Anerkennung - das heißt auch mehr Geld vom Staat. Die wurden akzeptiert und wir konnten anfangen. Belohlavek, der bei Sergiu Celibidache studiert hat, hat das tschechische Repertoire nun wirklich im Blut und daneben auch noch das internationale Renommee. Und nun wird wieder gearbeitet an den Charakteristika die diesen Klangkörper so unverwechselbar machen wie der viel zitierte weiche Klang - hausgemacht -, meint Jiri Belohlavek.

Weichklang hausgemacht

"Es sind mehrere Faktoren, die das beeinflussen", erklärt der Chefdirigent: "Erstens sind ca. 98 Prozent der Mitglieder Tschechen; das ist sicher im Klang eingeprägt. Dazu kommt, dass sie heimische Schulung haben: Die Musiker sind gleichzeitig Professoren an den musikalischen Institutionen, somit übernehmen die besten Schüler auch die Qualität des Klanges und auch ästhetische Ansichten ihrer Professoren. Das alles trägt dazu bei, dass der Spielstil sehr homogen und einheitlich ist."

Die Tschechische Philharmonie wurde von internationalen Musikkritikern unter die 20 besten der Welt, ja unter die zehn besten Europas gewählt. Jiri Belohlavek sieht das natürlich erfreut, relativiert aber im gleichen Atemzug: "Solche Charts kann man verschieden betrachten. Natürlich schmeichelt uns das. Sehr wichtig ist es für uns, das Niveau weiter zu pflegen und zu vervollkommen. Wir haben neue Kräfte, junge Spieler. Eine neue Generation kommt und das Erbe muss weitergegeben werden und weiter leben."

In Zukunft soll die Tschechische Philharmonie - immerhin eines unserer großen Nachbarorchester - wieder regelmäßiger nach Wien kommen.