Neue Diskussion über Glyphosat

Wie gefährlich ist das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat für den Menschen? Darüber ist eine neue Diskussion entflammt, nachdem vorige Woche das Internationale Krebsforschungszentrum den Stoff als "wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend" eingestuft hat. Auf EU-Ebene soll noch heuer entschieden werden, ob die entsprechende Genehmigung für den Wirkstoff um weitere 10 Jahre verlängert wird.

Morgenjournal, 2.4.2015

Gleiche Studien - unterschiedliche Argumente

Im Jahr 2013 sind in Österreich 174 Tonnen Glyphosat in den Verkehr gebracht worden. 2010 waren es noch fast 500 Tonnen. Allerdings: Diese Zahlen sagen nicht aus, wieviel dann tatsächlich auf den Feldern oder in den Gärten angewendet worden ist. Die EU hat den Wirkstoff 2002 zugelassen. Ende des Jahres sollte diese Genehmigung auslaufen. Nun gibt es zwei Schauplätze und zwei Einschätzungen: Einerseits das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin, das als Regulierungsbehörde für die EU-Kommission tätig ist, andererseits das Internationale Krebsforschungszentrum in Lyon. In Berlin hat man im Vorjahr mitgeteilt, dass Glyphosat nicht krebserregend ist, in Lyon nannte man den Wirkstoff vorige Woche "wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend".

Für Helmut Burtscher von Global 2000 ist das "interessant", denn beide Gremien hatten die gleichen Studien zur Beurteilung. "Die Deutschen argumentieren aber dahingehend, dass sie sagen: Es gibt zwar diese Studien, die einen Zusammenhang zwischen einer Häufung einer bestimmten Krebsart mit der Verwendung von Glyphosat sehen. Aber es gibt noch viel mehr Studien, die diese Häufung nicht sehen." Andererseits stufe die Weltgesundheitsorganisation nach ausführlicher Prüfung ihrer Experten den Stoff als wahrscheinlich krebserregend ein, so Burtscher.

Marktführer Monsanto überrascht

Davon war man überrascht, sagt Brandon Mitchener, Sprecher von Monsanto, mit dem Mittel "Roundup" Marktführer bei Glyphosat-Produkten: "Vor allem hat diese Organisation keine einzige neue Studie unter die Lupe genommen, sondern hat Dinge, die schon seit Jahrzehnten herumliegen, unter die Lupe genommen und ist zu einem Schluss gekommen, der im Widerstand dazu steht, was andere Organisationen gefunden haben."

Konkrete Zahlen für Europa gibt man bei Monsanto nicht bekannt, aber man verweist auf die Tatsache, dass das Chemiegeschäft nur ein Viertel des Umsatzes ausmacht. Das meiste Geschäft mache man mit Saatgut. Die Entscheidung über Glyphosat liegt nun bei der EU-Kommission. Brandon Mitchener: "Wir sehen das gelassen. Wir haben Vertrauen in die Regulierungsbehörde, die richtige Entscheidung zu treffen."

Entscheidung liegt bei EU-Kommission

Die Entscheidung kann die EU-Kommission auch treffen, wenn die sachlichen Hinweise nicht eindeutig sind, sagt Helmut Burtscher von Global 2000, dann würde sie politisch entscheiden: "Das heißt, die EU-Kommission muss im Sinne des Vorsorgeprinzips gegen eine weitere Zulassung von Glyphosat entscheiden."

Die Studie des Krebsforschungszentrums in Lyon gibt es erst in der Kurzversion, man wartet auf die detaillierte Langfassung. Das Landwirtschaftsministerium und das Bundesamt für Ernährungssicherheit wollen vorerst abwarten. Nach derzeitigem Stand sei aber der Wirkstoff bei sachgerechter Anwendung weitgehend unbedenklich.