Die Geburt des modernen Istanbul
Mitternacht im Pera Palace
"Mein Buch ist in gewisser Weise eine Geschichte
der verborgenen Jazz-Ära in Istanbul. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging es dort genauso sündhaft zu wie in Paris und Berlin. Wir müssen also unser Verständnis von Islam und kulturellen Experimenten, von Islam und Moderne hinterfragen", so Autor Charles King.
8. April 2017, 21:58

ULLSTEIN VERLAG
Charles King ist Professor für internationale Entwicklungen an der Georgetown University in der US-Hauptstadt Washington. Für sein Buch "Mitternacht im Pera Palace" wählte er ein ganz besonderes Istanbuler Hotel als Symbol für Wandel und Entwicklungen.
Zitat
Das Pera Palace Hotel wurde 1892 gegründet und drei Jahre später eröffnet. Angelegt war es als das prächtigste Grandhotel in einer der prächtigsten Städte der Welt. Istanbul - das damals noch Konstantinopel hieß - war einst die Endstation für den Orient Express. Das Hotel bot den allerhöchsten europäischen Luxusstandard, der damals zu haben war, wie etwa fließendes Warmwasser, elektrisches Licht und außerdem noch einen Aufzug. Das war damals der zweite Aufzug, den es in Europa gab. Der erste wurde im Eiffelturm installiert.
Service
Charles King, "Mitternacht im Pera Palace - Die Geburt des modernen Istanbul", Propyläen Verlag
Pera Palace Hotel
Die Geburtsstunde der Türkei als moderner, säkularer Staat schlug im Oktober 1923. Die neue Hauptstadt hieß nun Ankara. Istanbul verlor zwar den Status als Hauptstadt, doch Charles King ist überzeugt, dass dies für das kulturelle Leben der Metropole ein Gewinn war.
Auch das einstmals größte unabhängige Plattenlabel, Atlantic Records, hatte seine Wurzeln in Istanbul. Seine Gründer waren die beiden Söhne des türkischen Botschafters in Washington, Nesuhi and Ahmet Ertegün. Sie waren in der Istanbuler Jazz-Szene der frühen 1930er-Jahre aufgewachsen. Das Pera Palace Hotel war der Mittelpunkt dieser Szene. Jeden Abend gab es dort Live-Musik und am Freitagnachmittag außerdem so genannte Teekonzerte.