Neues Literaturmuseum Wien

Im ehemaligen k. k. Hofkammerarchiv in der Wiener Johannesgasse wird am Freitag das österreichische Literaturmuseum eröffnet, das lange angekündigte Museumsprojekt der Österreichischen Nationalbibliothek: Wo Franz Grillparzer einst als Archivdirektor amtierte, zwischen Urkunden, Geschäftsbüchern und Akten der Habsburgermonarchie, kann man jetzt einen Streifzug durch die Geschichte der österreichischen Literatur unternehmen.

Von Ferdinand Raimund bis Kathrin Röggla, von Franz Grillparzer bis Marlene Streeruwitz - auf 500 Quadratmetern zeichnet das Literaturmuseum die Entwicklung der österreichischen Literatur nach - vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Morgenjournal, 15.4.2015

Lichtdurchflutetes Raumkonzept

Düster, eng und verstaubt - das war der Eindruck bei einer ersten Besichtigung der denkmalgeschützten hohen Räume vor zwei Jahren. Den BWM Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Planet Architects ist das Kunststück gelungen, die ebenfalls denkmalgeschützten alten Holzregale, die hier dicht an dicht stehen und bis an die Decke reichen, in ein modernes, lichtdurchflutetes Raumkonzept zu integrieren.

Grillparzers Arbeitszimmer

Das Herzstück - das ist die Dauerausstellung im ersten und zweiten Stock - mitsamt dem Arbeitszimmer von Franz Grillparzer, das noch im Originalzustand erhalten ist. Der Leiter des Literaturmuseums Bernhard Fetz: "Die Ausstellung soll keine illustrierte Literaturgeschichte sein. Sie soll zeigen, wie Literatur ästhetische Qualitäten hat, die es zu vermitteln gilt, aber auch in einem politisch-historischen Kontext."

Die Chronologie bewegt sich entlang der historischen Bruchlinien: "1848, 1918, 1938 und dazwischengeschaltet sind übergreifende Kapitel - wie etwa das Dorf, wo es um den Gegensatz zwischen Metropole und Provinz geht, oder Schreibprozesse", erklärt Bernhard Fetz.

"Kein sakraler Repräsentationsort"

Anschaulich gemacht wird das zunächst ganz klassisch anhand von Werkmanuskripten und Briefen, Lebenszeugnissen, Fotos, Film, und Tonbeispielen. Das Literaturmuseum ist aber kein sakraler Repräsentationsort nationaler Kultur, betont Bernhard Fetz, vielmehr werden verschiedene Schau- und Fundstücke auch mit einem Augenzwinkern präsentiert: an einem Kleiderbügel der Morgenrock von Heimito von Doderer; als Hinterlassenschaften von Peter Handke: der Wanderstab, mit dem der Dichter in seiner "Gehheimat" Slowenien unterwegs war; ein grüner Wecker, der beim "literarischen cabaret" der Wiener Gruppe einigermaßen deformiert wurde.

Das Literaturmuseum soll ein offenes Haus werden mit vielen Vermittlungsprogrammen, betont Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek. Das Kulturministerium und das Wirtschaftsministerium haben die Generalsanierung und die Einrichtung des Hauses finanziert. Der laufende Betrieb, jährlich knapp 500.000 Euro, muss aus der Basisabgeltung bestritten werden.

Eröffnungswochenende

Am Freitag wird das Literaturmuseum in der Wiener Johannesgasse eröffnet. Am Eröffnungswochenende gibt es Lesungen unter anderem von Friederike Mayröcker und Robert Menasse und Führungen bei freiem Eintritt.

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