Prähistorische Höhle aus der Retorte
Als die Grotte von Chauvet vor 20 Jahren von Forschern in Frankreich entdeckt worden ist, war das eine Sensation. Jetzt kann man eine Nachbildung der 36.000 Jahre alten Höhle und deren Malereien in Südfrankreich besichtigen.
8. April 2017, 21:58
Höhlenmalereien von Bisons, Nashörnern, Mammuts an den Wänden, mehr als 36.000 tausend Jahre alt sind dort zum Vorschein gekommen. Heute ist die Grotte von Chauvet, die zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, nur in Ausnahmefällen zugänglich: denn die Felsmalereien sollen der Nachwelt so gut wie möglich erhalten bleiben. Für Besucher eröffnet jetzt aber eine Nachbildung der Grotte von Chauvet: eine künstliche Tropfsteinhöhle, an der ein Team von französischen Wissenschaftlern und Künstlern rund drei Jahre lang gearbeitet haben.
Mittagsjournal, 22.4.2015
Aus Südfrankreich,
Service
La Grotte Chauvet-Pont d'Arc
Le Monde - La réplique de la grotte Chauvet en 12 images
Mitten im südfranzösischen Departement Ardeche ragt ein künstlicher Felsen aus Beton zwischen den grünen Hügeln der karstigen Landschaft empor. Nur einige wenige Kilometer von der Grotte Chauvet entfernt, ist hier um 55 Millionen Euro eine Nachbildung entstanden, die dem Original so nah wie möglich kommen will.
"Wenn man zum ersten Mal in der Originalgrotte von Chauvet hinabsteigt, ist man vollkommen überwältigt. Es ist eine außergewöhnliche Tropfsteinhöhle, wie die von Ali Baba. Und die Wandmalereien sind so gut erhalten, dass man das Gefühl hat, die Menschen hätten sie vor fünf Minuten gemalt", sagt Alain Dalis. Er ist einer der liebevoll genannten "Fälscher", die diese Höhlenmalereien nachgezeichnet haben.
Künstlicher Höhleduft auf 3000 m2
Gemeinsam mit 35 weiteren Firmen hat er drei Jahre an der Nachbildung der Grotte Chauvet gearbeitet. Entstanden ist eine Tropfsteinhöhle aus Beton und Kunstharz auf 3000 Quadratmetern. Die Luft ist in der künstlichen Höhle kühl und feucht und riecht nach Erde - ein authentischer Höhlengeruch, den Parfumeure aus Grasse entwickelt haben.
Zwischen Tierknochen und Bärenspuren sollen die Besucher im dämmrigen Licht vergessen, dass es Kunstfelsen sind, deren tonnenschwere Teile von einem versteckten Metallgerüst getragen werden, erklärt Alain Dalis: "Wir mussten die Felswände exakt nachbilden, weil die Malereien erst durch das Relief richtig zur Geltung kommen. Dafür ist die Originalhöhle mit einem 3-D-Scanner vermessen worden und nach diesem Modell haben wir per Hand Quadratzentimeter um Quadratzentimeter nachgeformt. Um die Höhlenmalereien nachzuzeichnen haben wir Originalmaterialien wie Holzkohle verwendet, wie die Menschen damals."
Warum sind die Malereien entstanden?
36.000 Jahre alt sind die roten Handabdrücke und detaillierte Zeichnungen von Höhlenbären, Wollnashörnern, Riesenhirschen, die in der Grotte von Chauvet vor 20 Jahren entdeckt worden. Hier jagen sich ihre Nachbildungen gegenseitig die Wände entlang. Warum diese mythischen Zeichnungen entstanden sind, ist bis heute nicht eindeutig geklärt, sagt der Prähistoriker Jean Michel Geneste: "Es sind Symbole. Die Künstler haben gezielt, diese Tierarten ausgesucht und sie nach gewissen Regelmäßigkeiten dargestellt. Das ist eine Form der Erzählkunst, die gut zu der Tradition der mündlichen Überlieferung dieser Zeit passt und die jene Menschen, die in diese Höhle gekommen sind gepflegt haben."
Die Höhlenmalereien in der künstlichen Grotte sollen jährlich über 300.000 Besucher anlocken, Die echte Grotte von Chauvet kann so verschlossen und ihre Jahrtausende alten Malereien erhalten bleiben.