Kurzessay zu Markus 16, 15 – 20
Ein kurioses Fest, diese „Himmelfahrt“. Auf alten Bildern sieht man oft noch die Füße dessen, der da gerade in den Himmel auffährt.
8. April 2017, 21:58
"Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?", heißt es in der Apostelgeschichte. Buchstäblich verstanden, führt diese Episode manchmal zu komischen Vereinfachungen, die Himmelfahrt wird dann gezeigt als Auffahrt wie bei einem Zaubertrick.
Der Text von Markus erzählt es mit "er wurde in den Himmel aufgenommen“ etwas nüchterner. „Himmelfahrt“: Das ist ein Bild, eine Metapher, ein Bewegungsmittel. Eine Geschichte. Jedenfalls der Versuch, eine Erfahrung zu erzählen. Und die war zunächst: Erst war er da, hat gesprochen und gehandelt, nun ist er weg. Gerade noch hat einer das Leben jener, die ihn begleiteten, ziemlich auf den Kopf gestellt – nun ist er fort.
Was nun? Was bleibt? Die Erinnerung. Die Sprache. Vor allem Sprache. Geschichten. Metaphern. Mit Sprache werden die Jünger ihre Erinnerungen weitergeben. Sie werden ihre Erinnerung dann auch formen. Werden sie ausgestalten, interpretieren, anpassen. Sie werden heftig diskutieren. Es werden mehrere Evangelien entstehen, die Varianten erzählen, das Überlieferte an die Adressaten anpassen, es wird Briefe geben, die auf unterschiedliche Situationen Bezug nehmen. Kurz, es wird jene vielen Texte geben, die sich in der Bibel finden.
Wie jener, der heute, am Himmelfahrtstag, gelesen wird. „Himmelfahrt“ erzählt eigentlich auch die Ostergeschichte, nämlich: Das Grab ist leer. Oder, um ein anderes Bild aufzugreifen: „Da ist einer Fleisch geworden und hat“, wie es heißt, "unter uns gewohnt". Und dann ist er wieder weg.
Was ist das für ein Gott? Ein anderer als die Götter der Mythologien. Deswegen schrieb der französische Philosoph Jean-Luc Nancy, dass das Wesen dieser Religion "das Schwinden der Präsenz" sei, das Schwinden "jener Gegenwart, welche die Götter der Mythologien sind." Das klingt kompliziert und theoretisch, aber es wurde offensichtlich erfahren. Wie könnte man von solchen Erfahrungen erzählen, wenn nicht in Geschichten, zum Beispiel von der „Himmelfahrt“. Von jener Erfahrung, um es mit dem Jesuiten und Philosophen Michel de Certeau zu sagen, dass hier Platz gemacht wird „für die vielsprachige Gemeinde von Pfingsten und für den Plural der Heiligen Schriften“.