Großdemonstration in Mazedonien geplant

In Mazedonien haben Regierung und Opposition bisher keinen Ausweg aus der massiven politischen Krise gefunden. Verhandlungen zwischen je zwei führenden mazedonischen und albanischen Parteien unter Vermittlung von USA und EU verliefen ohne Ergebnis. In Skopje will die sozialdemokratische Opposition eine Großdemonstration gegen die Regierung des nationalkonservativen Ministerpräsidenten Nikola Grujevski abhalten.

Mittagsjournal, 15.5.2015

Affären und Skandale in Regierung

Im Sommer 2001 endete der Albaner-Aufstand in Mazedonien mit dem Friedensvertrag von Ohrid. Er gewährte den Albanern, mit etwa 25 Prozent die zweitstärkste Volksgruppe, viele Rechte, vom Sprachgebrauch bis hin zur Vertretung in der Staatsverwaltung. Seit 2007 ist es Usus, dass die stärkste Albaner-Partei in der mazedonischen Regierung vertreten ist, und zwar unabhängig davon, ob mazedonische Parteien allein regieren könnten. Affären und Skandale der Regierung von Nikola Gruevski haben auch ihrem albanischen Partner, der Partei DUI, viel Sympathien unter den Albanern gekostet. DUI ging aus der Freischärlerbewegung UCK hervor, die im Raum Tetovo, im Nordwesten Mazedoniens ihren stärksten Rückhalt hatte.

Die Bürgermeisterin der Stadt, Teuta Arifi, sieht den Vorfall in Kumanovo ebenfalls nicht als nationalen Konflikt zwischen Albanern und Mazedoniern. Die Krise in Mazedonien bewertet Teuta Arifi so: "In Wahrheit ist das ein innermazedonischer Konflikt, der aber natürlich die Albaner berührt." Für sie sei es immer sehr wichtig gewesen, in was für einem Land sie leben, so Arifi.

"Albaner wollen Teil der Lösung sein"

Andererseits habe dieser auf den ersten Blick innermazedonische Konflikt die tiefe Teilung zwischen den mazedonischen und albanischen Gemeinschaften relativiert, betont Arifi. Denn die verschiedenen Bürgerbewegungen seien sehr daran interessiert gewesen, auch Albaner einzubinden, und das ist etwas Neues und Wertvolles. "Ich denke, dass die Albaner weder an einen Konflikt zwischen Mazedoniern noch mit Mazedoniern teilnehmen wollen. Die Albaner sind sehr daran interessiert, Teil der Lösung zu werden und sollen das auch sein", sagt Arifi.

Diese Einbindung vor allem junger Albaner in mazedonische Protestbewegungen weicht zum ersten Mal wirklich die starren politischen Lager auf nationaler Basis auf. Bisher wählten beide Volksgruppen jeweils nur ihre nationalen Parteien. Das ist eine positive Entwicklung, die aber noch keinen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der politischen Krise leisten kann. Deren Lösung ist nach Ansicht von Teuta Arifi nur möglich, wenn die sogenannte Quint, gebildet aus den USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien, weiter massiv in Mazedonien engagiert bleibe.

"Stabilisierung wird nicht leicht"

"Die Treffen der Parteiführer werden nur funktionieren, wenn die internationale Beteiligung der ernsthaft und substantiell ist", ist sich Arifi sicher. Doch der Prozess des Wandels und der Stabilisierung werde Zeit brauchen und nicht leicht sein. Nötig sei eine politische Aussöhnung, und das betreffe auch die Frage, ob die politischen Parteien zu einer großen Koalition bereit sein werden, was eine der Optionen sei, die bei den Treffen der Parteiführer diskutiert werden müsse.

Die 46-jährige Arifi war nicht nur die erste albanische Abgeordnete im mazedonischen Parlament, sondern ist seit 2013 auf die erste Bürgermeisterin der Albaner-Hochburg Tetovo. 80 Prozent der 95.000 Einwohner sind Albaner, rund 15 Prozent sind Mazedonier, der Rest entfällt auf kleinere Minderheiten. Mazedonien ist ein zentralistischer Staat, Gemeinden haben nur wenige Kompetenzen, vor allem bei Schulen.

Dort bemüht sich Arifi integrierend zu wirken. Bis auf einen Fall besuchen Albaner und Mazedonier in Tetovo dieselben Schulen.
"Dort wo die Albaner die Mehrheit sind, haben sie zu zeigen, dass sie tolerant sind und die anderen einbinden", so Arifi. "Ist das leicht? Nein ist es nicht." Denn die mazedonische Gesellschaft sei mit einer ernsten Krise konfrontiert. "Gemäßigtere Werte zu vertreten, ist nicht immer leicht aber wichtig und ich glaube an diese Werte von Toleranz und Gleichheit", sagt Arifi.