USA: Anti-IS-Strategie gescheitert

Ein Jahr ist es her, dass die Terrormiliz IS in Syrien und im Irak das Kalifat ausgerufen hat – und trotz des militärischen Widerstands durch die von den USA geführte internationale Anti-Terror-Allianz rücken die Dschihadisten immer weiter vor. Im Irak hat der IS am Wochenende die strategisch wichtige Stadt Ramadi erobert, in Syrien konnte er diese Woche den antiken Ort Palmyra einnehmen. Die neuen Gebietsgewinne sorgen in Washington für Entsetzen – und die Rufe nach Bodentruppen werden immer lauter.

Mittagsjournal, 22.5.2015

Aus Washington,

Die Terrormiliz IS ist im Vormarsch – und die USA sitzen tatenlos daneben – so sieht es zumindest US-Senator John McCain: Der Fall der Stadt Ramadi ist eine schreckliche Niederlage für die USA – wettert der Republikaner. Es lässt den IS stark aussehen, hilft ihm dabei, noch mehr Kämpfer zu rekrutieren – und vernichtet unsere Glaubwürdigkeit und unseren Ruf.

Mehr als 3.000 Luftangriffe haben die USA in den vergangenen Monaten auf Ziele des IS durchgeführt – und doch steht die Terrormiliz sowohl militärisch als auch finanziell mit beiden Beinen auf irakischem und syrischem Boden: Es ist frustrierend, dass unsere Ziele und Vorstellungen im Irak und in Syrien derart weit von den tatsächlichen Ergebnissen entfernt liegen, klagt der demokratische Senator Richard Blumenthal. Wir hinken mit allem hinterher – und haben offenbar keinen Plan. Es ist sehr ernüchternd.

Präsident Obama habe den IS von Anfang an unterschätzt, kritisiert Fred Kagan vom konservativen American Enterprise Institute: Der IS ist keine Terrororganisation, das ist eine Armee. Eine militärisch hochausgebildete, intelligente, strategische und taktische Armee, die nichts dem Zufall überlässt und sehr gefährlich ist.

Vor allem in Syrien, dem Rückzugsgebiet der Terrormiliz, hätten die Dschihadisten die Oberhand, sagt Senator Angus King: Die Konsequenz: der IS wirkt unbesiegbar immer mehr Kämpfer aus dem Ausland strömen nach Syrien und in den Irak.

Nun antworten die Amerikaner mit mehr Waffen und zweitausend zusätzlichen Panzerabwehrraketen für die irakische Armee – außerdem wollen sie künftig besser mit lokalen Stammeskämpfern zusammenarbeiten, so das Pentagon. Doch das alleine werde nicht genug sein, glaubt Sicherheitsexperte Fred Kagan: Der IS kämpft einen teuflischen Kampf und wir sollten dabei nicht nur Zuschauer sein. Wir sind im Krieg und dieser Krieg verlangt Bodentruppen. Ich schätze, wir brauchen zwischen 15. Und 20.000 Soldaten im Irak, um das Momentum zu verändern. Alles andere wäre unverantwortlich.

Das würde doch nur den Dschihadisten in die Hände spielen, entgegnet der demokratische Senator Tim Kaine: Wenn wir mit Soldaten auftauchen, werden die anti-amerikanischen Ressentiments erst recht wirksam. Womöglich würden viel mehr Menschen zum IS überlaufen. Ich fürchte, dass das nur dem Zweck schaden würde.

Dennoch müsse Washington dringend seine Strategie im Irak und in Syrien ändern, so Kaine. Nicht nur der Präsident, sondern auch der Kongress: Wir schauen einfach zu – entscheiden nichts. Seit Monaten. Weder unsere Bevölkerung, noch unsere Alliierten, nicht einmal die IS-Miliz hat den Eindruck, dass wir uns aktiv in diesen Kampf einbringen. Ist uns die Gefahr egal oder haben wir einfach kein Rückgrat?

Es braucht eine neue Strategie – das ist jedenfalls der Tenor in Washington – denn die jetzige, so die Senatoren, sei gerade dabei, grandios zu scheitern.