Hussein Chalayan: Mode - Kunst - Museum
Er gestaltete Röcke, die wie von Zauberhand zum Tisch umfunktioniert werden können und Kleider, die sich via Fernbedienung steuern lassen. Mitte der 90er Jahre machte der gebürtige Zypriote Hussein Chalayan von der Modemetropole London aus Furore. Seit dem Wintersemester 2014/2015 leitet Hussein Chalayan die Modeklasse an der Universität für Angewandte Kunst. Vergangenem Samstag fand die große Abschlussmodeschau der Klasse in der Kunsthalle Wien statt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 8.6.2015
Ein Pas de Deux von Kunst und Mode
Einige von Chalayans Kreationen sind mittlerweile im Museum, denn kaum ein anderer Designer versteht es so gekonnt, den Pas de Deux von Kunst und Mode zu choreographieren. Hussein Chalayan entwarf ein Korsett aus glatt poliertem Holz, das die Trägerin zur Skulptur erstarren lässt und zeigte Kleider, die leuchten wie exotische Insekten – applizierte LED-Leuchten machen es möglich. Hussein Chalayans Modeschauen gleichen oft einer künstlerischen Performance. Mode abseits der Tragbarkeit. Dafür stehen die Kreationen des 45jährigen. Neben den außergewöhnlichen Designs, die nur für die Defilees entworfen werden, gibt es natürlich auch Alltagstaugliches aus dem Hause Chalayan.
„In jedem Feld der Kreativität geht es heute ums Geschäft. Mode wird industriellen hergestellt. Natürlich gibt es auch Couture, also Einzelstücke, aber davon kann man nicht leben. Das ist der entscheide Unterschied zur Kunst, obwohl es natürlich auch Kunst gibt, die industriell hergestellt wird. Aber auch die Kunstwelt ist in den letzten Jahrzehnten kommerzialisiert worden.“ Hussein Chalayan muss es wissen. Galerien und Museen hofieren ihn genauso wir die Modewelt.
Sein eigenes Label gründete Chalayan 1994, kurz nach dem Diplom am renommierten Central Saint Martin´s College in London, bis heute die unangefochtene Kaderschmiede des internationalen Modenachwuchses. An sein Modestudium erinnert sich Hussein Chalayan bis heute gerne.
„In jedem Feld der Kreativität geht es heute ums Geschäft“
„London ist das New York Europas. London ist die internationalste Stadt. Das Central Saint Martin´s College ist im Herzen SOHOs gewesen, ein vibrierender Ort. Die Studenten sind damals viel ausgegangen und haben experimentiert. Es reicht nicht, wenn man als Modedesigner ein guter Designer ist, man müsse auch Teil eines speziellen Lifestyles sein“ sagt Hussein Chalayan.
Mode und Verwesung
Seit dem Wintersemester 2014/15 ist Hussein Chalayan Professor an der Wiener Universität für Angewandte Kunst. Vergangenem Samstag fand die erste Abschlussmodeschau unter seiner Leitung statt. So spektakulär wie Hussein Chalayans eigene Abschlussmodeschau am Central Saint Martin´s College war die Schau freilich nicht.
Chalayan vergrub 1993 seine Designs unter der Erde und buddelte sie erst wenige Tage vor dem Defilee wieder aus. Seine Models staksten mit Textilien über den Laufsteg, die voll Dreck und Erde waren, teilweise bereits halb verrottet. „Ich dachte“, sagt Hussein Chalayan, „es ist meine letzte Chance zu experimentieren, weil ich danach für einen Designer arbeiten muss.“
Ein Modedesigner, der sich für den Prozess der Verwesung interessiert. In der schnelllebigen Modewelt mit ihren immer jungen Körpern ein eher unorthodoxer Zugang. Die Kollektion machte den Modestudenten Hussein Chalayan quasi über Nacht zum einem Shooting-Star. Mit Chalayan konnte die Universität für Angewandte Kunst erneut einen internationalen Namen als Leiter der Modeklasse gewinnen. Hussein Chalayan tritt in große Fußstapfen. Zu seinen Vorgängern gehören: Vivienne Westwood, Helmut Lang und Karl Lagerfeld.