Eiszeit zwischen SPÖ und ÖVP

Zehn Tage nach den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland ist die Innenpolitik wie auf den Kopf gestellt. Was bisher für viele undenkbar war, ist plötzlich Realität: Rot-Blau im Burgenland, die lange mitregierende Landes-ÖVP in die Opposition verbannt. Und Schwarz-Rot statt umgekehrt in der Steiermark. Die ÖVP hat sich mit dem Drohpotenzial von Schwarz-Blau in der Hand den Landeshauptmann von der SPÖ zurückgeholt. Sechs von neun Landeschefs stellt die ÖVP jetzt. Aber in der rot-schwarzen Koalition auf Bundesebene herrscht jetzt Eiszeit.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Bundeskanzler Werner Faymann

APA/HERBERT NEUBAUER

Mittagsjournal, 11.6.2015

Der Schock in der SPÖ über das steirische Verhandlungsergebnis, der sitzt tief. Bundes-Parteivorsitzender Werner Faymann reduziert es zwar auf eine Stilfrage: Er hätte sich gewünscht, dass die SPÖ als Nummer Eins auch den Landeshauptmann gestellt hätte. Das sei ein guter Stil, der nicht zustande gekommen sei.

Doch es ist natürlich weit mehr als das. Und gestern Abend am Runden Tisch bei Ingrid Thurnher wurde SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug, ein Steirer, denn auch deutlich: einer der beiden Partner in der Steiermark habe einen großen Vertrauensverlust verschuldet. Erst in Zukunft werde sich zeigen, ob das wieder wettgemacht werden könne. Im Regierungsübereinkommen sei vieles gemeinsam gelungen. Aber es sei auch offenkundig, dass einer der beiden Partner falsch gespielt habe.

Klug meinte den anderen Steirer am Tisch, ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der Schwarz-Blau in der Steiermark befürwortet hat und in der Sendung der SPÖ falsches Spiel vorwarf. Und das nicht nur einmal. Wozu könne die ÖVP die SPÖ zwingen, wenn im Hintergrund schon SPÖ-Leute in Richtung FPÖ unterwegs seien. Die ÖVP stelle sechs Landeshauptleute und in keinem Bundesland gebe es eine Koalition mit der FPÖ. Die einzige Koalition mit der FPÖ gebe es mit der SPÖ.

Dass die ÖVP jetzt so argumentieren kann, das tut vielen Sozialdemokraten mindestens so weh wie der Verlust des Landeshauptmanns in der Steiermark. Und natürlich erregt eine Aktion wie die Aufnahme zweier Stronach-Abgeordneter in den ÖVP-Klub den roten Argwohn. 49 Abgeordnete hat die ÖVP jetzt, drei fehlen auf den Gleichstand mit der SPÖ und eine schwarz-blaue Mehrheit im Nationalrat. Lopatka zu Berichten über weitere Fischzüge im Stronach-Teich: das stimme nicht, das sei eine Fata Morgana. Er könne das zum heutigen und morgigen Zeitpunkt ausschließen.

Wer weiß was übermorgen ist. Derzeit dementieren Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger, die als Wechselkandidaten genannt werden - auch Christoph Hagen und Jessi Lintl wollen nicht zur ÖVP, sie bestätigen dem Mittagsjournal aber sehr wohl, dass es Versuche gegeben habe sie abzuwerben.

Sollte übermorgen alles anderes sein und der ÖVP-Klub noch einmal größer, dann wird es sicher keinen fliegenden Wechsel geben. Das hat FPÖ-Chef Heinz Christian Strache in der ZIB 2 ausgeschlossen: das gesamte Schauspiel sei unwürdig. Wenn die Regierung platze, müsse es Neuwahlen geben.

Denn die würden ihn zum großen Gewinner machen, weiß Strache. Die Koalition spielt ihm zwischen Fata Morgana und Wundenlecken weiter in die Hände.