Aus Sicht des ORF-Aufnahmeleiters Franz Ruedl

Jazzfestival Saalfelden

Das Jazzfestival Saalfelden wird von 27. bis 30. August wieder ein Festival der Überraschungen sein. Von Michaela Mayer und Mario Steidl immer mit Mut zum Risiko programmiert, bietet es an vier Tagen 32 Konzerte an sieben Spielstätten. Ö1 nimmt alle 15 Konzerte auf der Main Stage im Congress von Saalfelden auf.

Zur Eröffnung ist schon traditionell ein Auftragsprojekt zu hören, das das Festival jedes Jahr an österreichische Musikerinnen und Musiker vergibt. In diesem Jahr ist es die Komponistin und Musikerin Maja Osojnik mit Band, die am Freitag um 19:00 Uhr ihr extra für Saalfelden geschriebenes Programm vorstellen werden.

Maja Osojnik

Maja Osojnik

LARRY BERCOW

Bevor Maja Osojnik eröffnet …

Die genaue Besetzung ist noch nicht bekannt, und hier beginnt schon die Arbeit des Aufnahmeleiters: Bereits Wochen vor Festivalbeginn versuche ich, über die sozialen Netzwerke mit den Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt zu treten. Je mehr ich über den Konzertablauf herausbekomme, desto besser ist es dann für die Aufnahme im Übertragungswagen, kurz U-Wagen. Oftmals ein schwieriges Unterfangen, denn vieles während der Festivalkonzerte passiert spontan.

Aber schon Vorabinformationen über die Besetzungsliste und die verwendeten Instrumente oder die Titel und Komponist/innen sind eine Hilfe. Und wenn‘s ab und zu sogar eine Partitur gibt, ist das wie Weihnachten und Ostern zugleich. Dann schaue ich, dass die Tonmeister, allen voran mein Kollege bei Ö1 Martin Leitner, rechtzeitig vor dem Bühnenaufbau die sogenannten "Stage Rider" bekommen, das sind die genauen technischen Anforderungen eines Künstlers und Details wie die Positionierung des Equipments.

Detailfragen zur Aufnahme

Hat das Festival begonnen, gibt es für den Aufnahmeleiter nur wenige Ruhepausen. Pro Tag gibt es durchschnittlich drei Soundchecks, sie beginnen am Freitag gegen 13:00 Uhr. Soundchecks ermöglichen einen ersten Einblick in das Klangbild einer Gruppe. Und es ist eine gute Möglichkeit, mit den Musikerinnen und Musikern das Programm durchzugehen, da die Stimmung dabei zumeist unaufgeregt und relaxed ist. Da geht es dann um für die Aufnahme wichtige Detailfragen wie: Welche Instrumente werden wann nicht gespielt? - um in dieser Zeit die entsprechenden Mikrofone zuzumachen. Oder: Wann wird im Laufe des Konzerts gesungen? - um die Gesangsmikros die restliche Zeit zu deaktivieren, was unliebsame akustische Einstrahlungen minimiert.

Während der Konzerte kann ich, je nach Vorinformation durch die Musikerinnen und Musikern, dem Tonmeister Informationen über den Ablauf der einzelnen Titel geben. Wer ist der nächste Solist? oder: Achtung, bei der nächsten Nummer wechselt der Schlagzeuger zum Vibrafon etc. Speziell im Congress von Saalfelden ist: Es gibt keinen Backstage-Bereich. Das heißt, die Künstlerinnen und Künstler verschwinden unmittelbar nach Ende des Konzerts in den Kellergängen Richtung Hotel und sind nicht mehr aufzufinden. Da muss ich dann ganz schon durchstarten, um vom Ü-Wagen über die Stiege hinauf zur Bühne zu kommen, wenn es noch Fragen gibt. Oder um den Künstlern und Künstlerinnen, wie vereinbart, unmittelbar nach Konzertschluss den im Vertrag vereinbarten Konzertmitschnitt auf CD zu übergeben.

Soundcheck, Musikdaten, Besetzung

Zeit zum Durchschnaufen gibt es für unser Aufnahmeteam in den drei Tagen kaum, da in den längeren Speis- und Trankpausen für die Festivalbesucher/innen bei uns schon wieder der Soundcheck für die nächste Gruppe auf dem Programm steht. Am Ende einer Festivalnacht, meist so zwischen 1:00 und 2:00 Uhr, gehe ich auf meinem Notebook noch einmal alle Musikdaten des Tages, also Besetzungslisten, Titel, Komponisten und Komponistinnen und Längen der einzelnen Titel durch, damit der Tag abgeschlossen ist.

Das ist insofern wichtig, als zum Beispiel die Gestalterinnen und Gestalter der "Ö1 Jazznacht", die immer am Festival-Samstag drei Stunden lang live aus Saalfelden kommt, alle Informationen brauchen, wenn sie Material vom Vortag verwenden wollen. Auch die zahlreichen Vertreterinnen und Vertreter anderer Rundfunkanstalten benötigen die kompletten Festivaldaten oft schon ein paar Tage danach.

Martin Leitner im Übertragungswagen

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Dienstschluss ist dann so gegen 3:30 Uhr. Da geht sich dann nicht mehr viel Schlaf aus, weil die ersten Soundchecks des kommenden Tages oft schon um 10:00 Uhr Vormittag beginnen. Ein schnelles Frühstuck und schon geht's wieder auf die Bühne und in den Ü-Wagen.

Es werden aber auf alle Fälle wieder spannende Festivaltage in Saalfelden. Im Programm 2015, soweit bislang bekannt, finden sich neben dem Eröffnungskonzert von Maja Osojnik das kraftvolle schwedische Fire! Orchestra, das Christian Muthspiel Trio mit der Weltpremiere einer Werner-Pirchner-Hommage, Steve Coleman oder das schräge "Sun Ra"-Projekt von Thomas de Pourquerys Supersonic. Und für mich heißt es wieder im ganz positiven Sinn: Drei Tage wach!