Scharfe Kritik an Ungarns Asylaufnahmestopp
"Ungarn ist voll", das sagte ein Sprecher der ungarischen Regierung. Ungarn nimmt ab sofort keine Dublin-Flüchtlinge mehr auf. Österreich und Deutschland forderten die EU nun auf, ein Vertragsverletzungsverfahren zu prüfen. Die EU verlangt von Ungarn nun Aufklärung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.6.2015
Ruf nach Vertragsverletzungsverfahren
Derzeit sind keine Überstellungen von Flüchtlingen nach Ungarn möglich, heißt es im Innenministerium. Es sei inakzeptabel, dass Ungarn die Dublin-Verordnung einseitig außer Kraft setzt, sagt Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Er hat gestern Abend mit dem ungarischen Außenminister telefoniert. Österreich könne das nicht tolerieren, so Kurz nach Angaben seines Sprechers. Das Vorgehen Ungarns werde negative Auswirkungen haben.
Österreich hat ebenso wie Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren bei der EU beantragt. Eine Verurteilung im Rahmen eines solchen Verfahrens hätte zunächst zur Folge, dass Ungarn aufgefordert wird, sofort wieder Dublin-Flüchtlinge aufzunehmen. Ansonsten hätte dies hohe Strafzahlungen zur Folge, heißt es im Außenministerium. In letzter Konsequenz könnte auch ein Ausschluss aus der EU drohen.
Heuer bereits 60.000 Flüchtlinge nach Ungarn gekommen?
Nach Angaben des Innenministeriums war bis zuletzt mit Ungarn vereinbart, 40 sogenannte Dublin-Fälle pro Woche nach Ungarn zurückzubringen. 1.300 Dublin-Verfahren gibt es derzeit in Österreich. Wie viele davon Rückschiebungen nach Ungarn betreffen, könne man im Augenblick noch nicht sagen, so ein Sprecher des Innenministeriums.
Nach der Dublin-Regel müssen Flüchtlinge das Verfahren in dem Land abwarten, über das sie in die EU gelangt sind. Nach Angaben der ungarischen Regierung sind heuer bereits 60.000 Flüchtlinge nach Ungarn gekommen. Ein großer Teil von ihnen kommt offenbar aus Griechenland. Doch nach Griechenland werden EU-weit keine Rückschiebungen durchgeführt.
Beobachter gehen davon aus, dass Ungarn vor dem morgigen EU-Gipfel das Thema Flüchtlinge nochmals intensivieren wollte.