Leistungsdruck stresst jedes 6. Kind

Jedes sechste Kind und jeder fünfte Jugendliche ist gestresst. Doch die Eltern nehmen den Stress ihrer Kinder kaum wahr, ergab eine aktuelle Studie der Universität Bielefeld. Ein Studienergebnis, das auch auf Österreich umzulegen ist, sagen heimische Psychologen und Psychiater.

Junger Schüler

DPA/FRISO GENTSCH

Mittagsjournal, 26.6.2015

Stress ist "Hauptbelastungsthema"

"Mama, ich kann nicht schlafen" oder "Papa, mir tut der Bauch so weh" - Sätze wie diese können ein Hinweis darauf sein, dass ein Kind gestresst ist, sagt der Kinderarzt Klaus Vavrik von der österreichischen Liga für Kinder und Jugendgesundheit. Es kann aber auch sein, dass ein Kind gar nichts sagt und sich immer mehr zurückzieht und depressiv wird.

Dass Eltern diese Stress-Symptome nicht immer gleich erkennen können, kann Vavrik gut verstehen. Der Grund dafür: Sie sind selbst gestresst: "Das liegt im Moment an der Grundthematik unserer Bevölkerung. Stress ist eines der Hauptbelastungsthemen der heutigen Zeit."

Stress habe sehr viele Quellen, sagt Vavrik: "Das kann einerseits Belastung am Arbeitsplatz sein, das kann Belastung in der Beziehung sein, aber auch das Gegenteil Armut und Arbeitslosigkeit macht Eltern wirklich Stress. Und dann sind sie mit der Wahrnehmung auch stark auf sich selbst beziehungsweise ihre Problemlagen fokussiert und können es beim Kind viel weniger feinfühlig wahrnehmen, als es sonst möglich wäre."

"Einfach nur Kind sein dürfen"

Besonderes gestresst sind laut Studie jene Kinder, die von ihren Eltern ständig Leistung vorgelebt bekommen, bestätigt Sabine Völkl-Kernstock, klinische Psychologin der MedUni Wien: "Wenn man mithalten möchte, Erfolg haben möchte, gibt es gerade im städtischen Raum aber immer mehr auch im ländlichen Raum sehr viel Angebot für Kinder, wo sie nicht nur dabei sein können, sondern sollen und vielleicht sogar müssen."

Der Appell der Psychologen ist eindeutig: Kinder sollten hin und wieder einfach nur sein dürfen. Kinder- und Jugendpsychiater Klaus Vavrik: "Man muss die Zeit nicht von morgens bis abends mit irgendwelchen Leistungen, Forderungen und ähnlichem anfüllen." Das gelte für die Erwachsenenwelt ebenso, aber die Kinder seien viel verletzlicher als Erwachsene: "Sie nehmen das mehr in ihren Lebensstil auf und lernen diesen Stress von früher Kindheit an und damit schaffen wir ihnen einen Rucksack, der ziemlich schwer zu tragen ist."