Berlinale-Sieger "Taxi Teheran" im Kino

Der iranische Regisseur Jafar Panahi hat seit 2010 Berufsverbot. Dennoch ist es Panahi seither gelungen, drei Filme unter schwierigen Bedingungen zu drehen. Der letzte davon heißt "Taxi Teheran" und wurde heuer auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

2009 hat sich Jafar Panahi bei der Präsidentschaftswahl im Iran demonstrativ gegen Präsident Mahmoud Ahmadinejad gestellt. Als Panahi dann auch noch einen Film über eine vielfach vermutete Wahlfälschung machen wollte, wurde er verhaftet und 2010 zu einer sechsjährigen Haftstrafe sowie 20 Jahren Arbeits- und Reiseverbot verurteilt.

Morgenjournal, 21.7.2015

Jafar Panahi ist ein Regisseur der sich zu helfen weiß. Immer wieder trotzt der 55-Jährige dem ihm 2010 auferlegten Berufsverbot mit originellen filmischen Versuchsanordnungen. 2011 dokumentierte er sein Leben im Hausarrest im Film "Das ist kein Film" und schmuggelte das Werk auf einem USB-Stick in einem Geburtstagskuchen ins Ausland. 2013 drehte er einen Film in seinem Ferienhaus, in dem ständig die Vorhänge zugezogen waren, damit die Dreharbeiten nicht auffliegen, Bezeichnender Filmtitel: "Closed Curtains".

Ungebrochene Neugierde

Nun begibt sich Panahi als Taxifahrer auf die Straßen Teherans. Das Taxi ist diesmal der Schutzraum, also die Tarnung, eine versteckte Kamera am Armaturenbrett das Instrument für Panahis ungebrochene Neugierde. Die Gespräche der Fahrgäste sind Spiegelbilder der iranischen Gesellschaft, vom umtriebigen fliegenden Händler in Sachen Filmpiraterie über einen ausgeprägten Fall von Aberglauben, einem Beispiel für die gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen etwa bei der Praxis des Erbens, bis hin zu heftigen politischen Streitgesprächen, zum Beispiel über die Zahl der Hinrichtungen im Iran.

Kalkulierte Dialoge

Hinter der vermeintlichen Improvisation und dem dokumentarischen Rahmen stecken freilich kalkulierte Dialoge. Ständig fließen unterschiedliche Wirklichkeitsebenen ineinander, wird der Text im Dialog zum Kommentar auf Panahis gegenwärtige persönliche Lebens- und Arbeitssituation, mal ironisch, etwa wenn er von einem Filmstudenten um Rat bei der Stoffsuche gefragt wird, dann wiederum mit Direktheit in eigener Sache: Eine Menschenrechtsanwältin wird auch mit einem Berufsverbot bedroht.

Reflexion über die künstlerische Freiheit

Selbst in diesen Szenen ist keine Verbitterung zu spüren, Panahi bleibt stets freundlich, nimmt manche Seltsamkeit seiner Landsleute eher mit amüsiertem Erstaunen zur Kenntnis. "Taxi Teheran" ist nicht zuletzt eine Reflexion über die künstlerische Freiheit. Je mehr sie beschränkt wird, desto mehr ist das für Panahi eine zusätzliche Motivation, und natürlich stets ein großes Risiko. Doch wie schreibt Panahi im Pressestatement zu "Taxi Teheran": "Ich bin Filmemacher. Ich kann nichts anderes als Filme machen."

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The Guardian - Jafar Panahi