Gruppenpraxen: Ein schwieriger Weg

Vor allem die Ärztekammer wehrt sich dagegen, als Verhinderer der Gesundheitsreform dargestellt zu werden und schiebt den Ball zur Sozialversicherung und den Ländern zurück. Der Kinderarzt Peter Voitl mit großer Gruppenpraxis in Wien-Donaustadt hat mit der Ärztekammer bis zum Höchstgericht gestritten und kann ein Lied singen von deren Vetomacht. Aber Voitl sieht auch die Rolle der Krankenkassen kritisch.

Arzt beim Setzen einer Injektion

APA/HELMUT FOHRINGER

Morgenjournal, 21.7.2015

Die Ordination von Peter Voitl ist nicht nur Gruppenpraxis, sondern auch Ambulatorium - eine rechtliche Grundlage, die der Ärztekammer gar nicht geschmeckt hat. Voitl sagt, er unterstehe der Wirtschaftskammer, die Ärztekammer habe das bis zum Verwaltungsgerichtshof gebracht.

Die Kammer - der Voitl wie alle Ärzte nicht nur verpflichtend angehört, sondern in der Wiener Kammer auch mitarbeitet - die sieht ihren Alleinvertretungs-Anspruch bedroht: sie habe Angst, dass den anderen Ärzten etwas weggenommen werde.

Dabei seien Zusammenschlüsse von Ärzten aus Patientensicht unerlässlich. In Wien sei die kinderärztliche Versorgung außerhalb der Spitäler nur an dreieinhalb Tagen ausreichend, die andere Hälfte der Woche fehle. Voitl sagt, er sei günstiger mit weniger Überweisungen und weniger Medikamentenkosten. Allerdings seien die Eigenkosten höher.

Damit stützt der Arzt zwar das Argument der Ärztekammer, wonach die Gesundheitsreform bisher am Geld scheitere - die geplanten Primärversorgungszentren seien teurer als normale Ordinationen, und Länder und Kassen könnten sich nicht einigen, wer zahlt. Die Kammer versuche damit aber auch, ihre eigenen Interessen zu verstecken. Peter Voitl sagt, die medical centre werden gut angenommen. Die Kammer forciere aber nur Gruppen-Praxen, weil sie direkt der Kammer unterstünden.

Und das breite Angebot der Primärversorgungszentren, das im Herbst auch noch gesetzlich festgeschrieben werden soll, schmälere den Vertretungsanspruch - verweist Voitl auf die eigene Praxis mit anderen Fachgebieten entziehe sich der Kammer.

Schon 2008 sei ein Anlauf für Versorgungszentren am Widerstand der Kammer gescheitert. Das drohe sich jetzt zu wiederholen. Voitl selbst hat mit seiner Praxis jetzt Ruhe vor der Kammer, wie er sagt - aber er hat mit der Krankenkasse zu kämpfen. Er biete ein Service für starke Frühgeburten an, das werde wohl von der Kasse gestrichen werden.

Denn es ist ja so: je mehr Leistungen der niedergelassene Bereich erbringt, umso mehr muss die Kasse zahlen. Und das Hemd ist auch der Sozialversicherung näher als der Rock. Kinderarzt Peter Voitl sagt, jeder sehe nur seinen Topf, es gebe kein gemeinsames Denken. Und so lange es das nicht gibt, werde auch die Gesundheitsreform nicht gelingen.