Schleppende Gesundheitsreform

Die Gesundheitsreform ist eine unendliche Geschichte zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung - die alle in den rund 25 Milliarden schweren Topf der öffentlichen Gesundheitsausgaben einzahlen. Diese wachsen rasant, und mit der Reform von 2012 sollte der Kostenexplosion im Gesundheitswesen endgültig Einhalt geboten werden. Zweieinhalb Jahre später zeigt sich: das ist nicht so sicher. Die Umsetzung läuft sehr schleppend, kritisieren Experten und Beteiligte.

Mittagsjournal, 18.7.2015

Um sagenhafte sieben Milliarden Euro wären die öffentlichen Gesundheitsausgaben zwischen 2010 und 2016 angestiegen, wenn 2012 nicht die Reform eingeleitet worden wäre. Jetzt sollen die Kosten nur um fünfeinhalb Milliarden auf 25,5 Milliarden Euro 2016 steigen. Auch nicht wenig, aber immerhin weniger als im Horror-Szenario der Prognose.

Doch Experten wie der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer trauen der Sache nicht: die Reform sei tot. Und zwar nicht deshalb, weil die Prognose-Zahlen umstritten und das Kostendämpfungs-Volumen von 3,4 Milliarden Euro bis Ende 2016 ein rein virtuelles ist. Pichlbauer zweifelt an der Umsetzung der Maßnahmen, im Wesentlichen eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs durch neue Primärversorgungszentren, um endlich mit der teuren Spitalslastigkeit des Systems aufzuräumen.

Pichlbauer sagt am Beispiel Wien, es stehe alles. Der steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler von der ÖVP gibt dem Experten recht: 2016 sollte ein Prozent der Wohnbevölkerung mit Primärversorgungszentren versorgt werden. Davon sei man weit davon entfernt. Und Drexler wird, was das gemächliche Reformtempo betrifft, noch deutlicher: statt Zeitlupentempo sollte es Zeitraffertempo geben.

Dazu kommt ein zentraler Konstruktionsfehler der Reform: Die Ausgabensteigerung sollte an das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts gekoppelt und so begrenzt werden. Angenommen hat man ein nominelles Wachstum von 3,6 Prozent - was fern der Realität ist. Der BIP-Zuwachs liegt seit 2013 unter zwei Prozent.

Mit der fatalen Folge, dass sich die Akteure zwar zu ein bisschen Kostendämpfung verpflichtet haben, aber ohne heilsamen Zwang und mit weiterhin viel Ausgabenspielraum.