Andreas Spechtls Solodebüt "Sleep"

Der Sänger der Band Ja, Panik hat mit "Sleep" ein vielbeachtetes Soloalbum vorgelegt. Ö1 sprach mit Andreas Spechtl über die Entstehung von "Sleep" und über die unterschiedlichen Projekte abseits des Bandalltags.

Kulturjournal, 20.8.2015

Die aus dem Burgenland stammende und seit einiger Zeit in Berlin ansässige Band Ja, Panik hat sich in den letzten Jahren zu einem der Lieblinge des deutschsprachigen Feuilletons entwickelt. Die Formation rund um Andreas Spechtl wird von vielen als derzeit interessanteste und vielleicht wichtigste deutschsprachige Popband gehandelt. Dementsprechend groß war auch das Medienecho, als Spechtl vor zwei Wochen sein erstes Soloalbum "Sleep" präsentierte. Es ist ein durchaus experimentelles, collagenartiges Album, das sich vom bekannten Ja, Panik-Sound klar abgrenzt; bei dem auch im Gegenteil zum Bandalltag nicht auf Deutsch, sondern nur auf Englisch gesungen wird.

Andreas Spechtl schreibt ein Album übers Schlafen, eine fast skizzenhafte Ideensammlung, und alle schreiben darüber - "Die Zeit", die "taz", die "Süddeutsche Zeitung": Spechtl habe das Thema auf wundervolle Weise vertont, man mag dazu dösen, aber die Ohren hält es wach. Ein Medienecho auf sein Solodebüt, mit dem auch Andreas Spechtl nicht gerechnet hätte.

Anfangs wollte er das Material gar nicht regulär veröffentlichen, denn die Tracks seien keine klassische Songstruktur sondern Klanggebäude. Oft kreisen sie um ein einzelnes Thema, um einen einzigen Ton oder Akkord, sie seien nur Nebenbei entstanden, sagt Spechtl. In den letzten Jahren ist er viel unterwegs gewesen, und bei einem Aufenthalt daheim hat er auch zum Projekttitel gefunden. Zufällig bemerkte der Musiker, dass auch die gesammelten Textfragmente immer wieder um das Thema kreisten: Texte über die Nacht, den Schlaf, die Geister der Vergangenheit und Träumerei.

Akustisch verarbeitete Orte

Auf "Sleep" macht Spechtl die unterschiedlichsten Klangräume und Kulissen auf. Field Recordings, Geräuschaufnahmen, aus den unterschiedlichsten Kontexten sind in die Arrangements eingearbeitet: vom spanischen Kinderlied bis hin zur englischen Kaffeehaus-Atmosphäre. Gesammelt hat er das Material etwa während des Heimaturlaubs im Burgenland oder in Berlin. In Uganda, wo Spechtl gemeinsam mit dem Schauspieler Robert Stadlober ein Theater-und Performanceprojekt realisiert hat, oder in Ghana. Und so finden sich in jedem Track von "Sleep", akustisch eingearbeitet, ein oder auch mehrere Orte wieder.

Jeder Ort habe für ihn einen ganz speziellen Klang, so Spechtl. Einspielungen aus Birmingham hat er von seinem Writers in Residence-Programm auf Einladung der dortigen Universität mitgebracht, und in Nordreinwestfalen hat der Musiker erst kürzlich ein Kunstprojekt zur Wiederbelebung einer verlassenen Ortschaft umgesetzt.

Andreas Spechtl denkt und plant über das höchst erfolgreiche Ja, Panik-Projekt hinaus. Das merkt man im Gespräch, und man hört es auch in seiner Musik. Aber zurück zu den Field Recordings: Der Musiker flaniert gerne durch die Straßen und hat es sich zur Gewohnheit gemacht, Textideen nicht niederzuschreiben, sondern unterwegs in ein Aufnahmegerät zu sprechen.

Das Album "Sleep" ist dabei in zwei Phasen entstanden. Field Recordings und Trackskizzen waren schon da, bevor Spechtl ins Studio gegangen ist und alle Instrumente selbst eingespielt hat. Spätestens Anfang nächsten Jahres soll "Sleep" auch live auf die Bühne gebracht werden - wie und in welcher Form, daran arbeitet Andreas Spechtl gerade.