Srdja Popovics gewaltfreier Widerstand

Protest!

Ist gewaltfreier Widerstand tatsächlich die wirksamste Art von Widerstand? Der Aktivist Srdja Popovic ist davon überzeugt. Die von ihm mitbegründete serbische Widerstandsbewegung "Otpor!" hat im Oktober 2000 Slobodan Milosevic gestürzt. Jetzt hat er seine Erfahrungen in einem Buch zusammengefasst.

Kontext, 28.8.2015

Es ist harte Arbeit, Widerstand gegen die Obrigkeit zu leisten. Egal, ob gegen den Bau eines Einkaufszentrums, gegen die Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe oder gegen einen übermächtigen Diktator gekämpft wird. Herausforderungen gilt es zu überwinden, der Angst gilt es sich zu stellen. Denn wer gewaltfrei demonstriert, riskiert nicht selten sein Leben.

Davon ist der Autor überzeugt und erzählt von seinem eigenen Weg zum friedlichen Protest. Begonnen hat für ihn alles 1992: Serbien befand sich im Krieg, Belgrad war voller Soldaten. Und da spielte eine beliebte Punkband im Zentrum der Stadt, machte sich über den Militarismus lustig.

Widerstand muss nicht langweilig sein

„Während ich johlend hinter dem Lastwagen herlief, durchzuckte mich eine Reihe von Erkenntnissen. Mir wurde klar, dass politischer Aktivismus nicht langweilig sein muss, sondern dass ein Protest in Form eines coolen Punk-Konzerts im Gegenteil effektiver war als eine öde Demonstration.“ Srdja Popovic gründete einige Jahre später gemeinsam mit anderen die Bewegung "Otpor!", also Widerstand.

Der Angstmache von Diktator Slobodan Milosevic setzte er witzige Aktionen entgegen. Wie etwa das Grinsefass: Ein Blechfass mit dem Konterfei des Regierungschefs und ein Baseballschläger wurden in einer Belgrader Straße platziert, mit der Aufforderung an die Passanten, sich keinen Zwang anzutun und fest draufzuhauen. Viele taten das, bis die Polizei kam. Und die stand schließlich vor einem Dilemma: Sollten sie wirklich Passanten verhaften, die auf ein Fass einschlugen?

Die Verhaftung eines Fasses

„Damit blieb nur die zweite Möglichkeit: die Verhaftung des Fasses. Die Polizisten drängten also die Passanten zurück, nahmen das Fass in die Mitte und schleppten es zum Streifenwagen. (..) Unser Witz landete auf der Titelseite zweier oppositioneller Zeitungen, und das war buchstäblich unbezahlbare Werbung. Das Bild sagte mehr als tausend Worte: Wer es sah, wusste, dass Milosevics gefürchtete Polizei nicht mehr war als ein komischer Haufen unfähiger Trottel.“

Eine skurrile kleine Aktion, ähnlich jener 2012 in Russland, als in einer sibirischen Stadt eine Demonstration gegen Wahlbetrug verboten wurde. Doch wenn die Menschen nicht demonstrieren durften, dann eben die Lieblingsspielsachen ihrer Kinder.

Nicht jede Leserin und jeder Leser wird nach der Lektüre zum Revoluzzer werden, doch die Geschichten und Erfahrungen von Srdja Popovic regen zum Nachdenken an. Der Umgang mit Flüchtlingen und Menschenrechten, Korruption, Freunderlwirtschaft, zu bekämpfen gibt es stets etwas. Und es sind eben oft schon ganz kleine Aktionen, die zum Erfolg führen.

Service

Srdja Popovic, Matthew Miller, "Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt", S. Fischer Verlag