Nach Flüchtlingsdrama auf A4: Ermittlungen laufen

Nach dem Flüchtlingsdrama im Burgenland mit 71 Toten verstärkt das Innenminsiterium jetzt die Kontrollen im Hinterland der Grenze zu Ungarn. Dazu werden Polizisten aus anderen Bundesländern angefordert aber auch das Bundesheer soll helfen.

Bei den Ermittlungen setzt die Polizei nun unter anderem auf die Mobiltelefone, die zahlreiche Todesopfer bei sich hatten. Sie könnten Rückschlüsse vor allem auf die Herkunft der Asylsuchenden geben.

Morgenjournal, 29.8.2015

Handys werden ausgewertet

Wer waren die 71 Todesopfer? Woher stammen sie und wie sind sie ums Leben gekomen? Antworten auf all diese Fragen könnten die Ermittler den Handys entnehmen. Denn laut burgenländische Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil wurden etliche Handys gefunden, die jetzt ausgewertet werden. Womöglich haben die Flüchtlinge oder Migranten ja noch unmittelbar vor ihrem Tod verzweifelt telefoniert oder gar Videos aufgenommen. Allgemein helfen Mobiltelefone Asylsuchenden, Routen zu recherchieren, mit Angehörigen in Kontakt zu bleiben und Lebenszeichen zu geben. Parallel zur Auswertung der Handys haben schon die Obduktionen begonnen.

Obduktionen haben bereits begonnen

In Transporten zu je 10 Leichen sind die Toten nach Wien gebracht worden. Wir haben Daniele Risser, den Leiter der Gerichtsmedizin erreicht aber er war gerade beim Obduzieren und wollte verständlicherweise keine Auskunft geben. Der Gerichtsmediziner Johann Missliwetz sagt aber, es gibt eine genormte Vorgangsweise: "Man beginnt damit die Kleidung zu dokumentieren, Schmuckstücke aufzuheben, die Leichen werden fotografiert und es werden persönliche Merkmale wie Narben oder ähnliches gesucht." Schließlich wird eine Probe genommen um die DNA zu bestimmen, so Missliwetz. Die wohl aussichtsreichste Methode zur Identifizierung sofern sich Verwandte melden oder etwa via Telefon-Auswertung kontaktiert werden können. Gerichtsmediziner Missliwetz glaubt aber "dass ein großer Teil der Leichen vielleicht nie identifiziert werden wird." Bei einer Pressekonferenz gestern war kurz schon von möglichen Begräbnissen im Burgenland die Rede.

Vier Verdächtige in Ungarn festgenommen

Was die Tätersuche betrifft konzentriert sich vieles auf Ungarn. Vier ungarische Polizisten sind in Österreich. Österreich hat insgesamt sechs Ermittlerteams im Einsatz, darunter auch Beamte, die jetzt in Ungarn sind. Dort sind vier Personen festgenommen worden, drei Bulgaren, davon einer libanesischer Abstammung, sowie ein Afghane mit ungarischer Identitätskarte, darunter mutmaßlich der Fahrer, Beifahrer und Besitzer des Schlepper-Lkws. Ob über sie die U-Haft verhängt und ob sie nach Österreich ausgeliefert werden ist noch unklar. Der mögliche Prozess gegen sie könnte auch in Ungarn stattfinden - womöglich wegen fahrlässiger Tötung oder Mord.

Kontrollen werden verstärkt

Um auch noch mehr Schlepper zu erwischen verstärkt die burgenländische Polizei die Kontrollen im Hinterland der Grenze - mit Polizisten aus Kärnten und der Steiermark, sagt Hans Peter Doskozil: "Wir werden noch während dieses Wochenendes versuchen, 30 Kollegen aus anderen Bundesländern in das Burgenland zu bekommen." Es habe auch eine Besprechung mit dem Bundesheer gegeben, wie das Bundesheer im administrativen Bereich die Polizei unterstützen könne, so Doskozil. Aber lückenlose Kontrollen seien selbst in der Zeit vor der Öffnung der Grenzen innerhalb der EU völlig unmöglich gewesen. Würde jedes Fahrzeug kontrolliert, gäbe es in Nickelsdorf stundenlange Staus, sagt der Landespolizeidirektor.