Entführungsdrama "El Clan" in Venedig

Argentinien hat eine der vitalsten Filmlandschaften, und das nicht nur in Südamerika. Davon konnte man sich auch am Wochenende am Lido von Venedig wieder einmal überzeugen, wo das Entführungsdrama "El Clan" im Wettbewerb der heurigen Filmfestspiele Premiere hatte.

Morgenjournal, 7.9.2015

Nach außen hin ist alles normal: eine siebenköpfige Familie in einem Vorort von Buenos Aires. Man isst gemeinsam, man schaut gemeinsam fern, der Vater hilft den Kindern bei den Hausaufgaben, die Mutter führt penibel den Haushalt und dennoch stimmt hinter dieser perfekten kleinbürgerlichen Fassade etwas nicht: denn im Keller liegt ein Entführungsopfer. Mit Lösegeldern verdient sich die Familie ihren Lebensunterhalt.

Man schreibt das Jahr 1983, das Jahr in dem Argentinien nach der Diktatur zur Demokratie zurückkehrte. Unter der Oberfläche krimineller Taten spiegelt die wahre Geschichte der Puccio-Familie im Film "El Clan" die unheilvollen Gewohnheiten der Diktatur wider - vor allem das Kidnapping reicher Bürger im Schutz staatlicher Autorität. Diese Familie, so der Regisseur, Pablo Trapero, sei ein Symptom für das damalige Argentinien.

Doch Regisseur Trapero sieht in seinem Film eine viel weitergehende Dimension: "Mein Film versucht auch auf die Gegenwart und eine weitverbreitete Heuchelei zu verweisen: Solange man nicht persönlich betroffen ist von gesellschaftlichen Problemen, werden sie weggeschoben nach dem Motto - das sind die Probleme der anderen, sollen die sie doch lösen."

Drama "A Bigger Splash

"El Clan" ist in seiner Erzählweise konventionell gehalten, wie fast alle Filme in einem bisher mäßigen Löwenwettbewerb. Auch das Drama "A Bigger Splash" reiht sich hier ein, eine Art Remake des Films "Swimming Pool" aus dem Jahr 1969 mit Romy Schneider und Alain Delon in den Hauptrollen. Regisseur Luca Guadagnino verlegt den Schauplatz von Saint-Tropez auf die Insel Pantelleria, wo sich vier Personen in einem Landhaus begegnen. Langsam aber sicher bröckelt die anfängliche Harmonie, treffen erotische Ansprüche aus der Vergangenheit auf die Begierden der Gegenwart, dunkle Instinkte auf mentale Empfindlichkeiten, ein Film, über die Schwierigkeiten der Kommunikation unter Menschen, meint Hauptdarstellerin Tilda Swinton.

Regisseur Luca Guadagnino weiß dem Stoff wenig Neues abzuringen, verstrickt sich in behäbige Psychologie, und macht in Venedig überproportional wegen seiner freizügigen Körperdarstellungen Schlagzeilen. Wirklich recht kann das dem Regisseur aber wohl nicht sein.