Die Hottentottenwerft

Ludwig Fels, einer der sprachgewaltigsten und zugleich gröblichst vernachlässigten Gegenwartsautoren, hat einen Roman über ein Auswandererschicksal geschrieben. Zielort: Deutsch-Südwest-Afrika.

Seine Lyrik und seine Prosa sind von einer derart existenziellen Wucht, dass sie den Leser nicht nur verstören, sondern ihn oft auch über die eigene Schmerzgrenze hinaustreiben. Seine Sprache wiederum ist dermaßen poetisch, zart und eindringlich zugleich, dass sich zum Schmerz auch noch das große Staunen, um nicht zu sagen die Rührung, dazu gesellt. Der seit Anfang der 1980-er Jahre in Wien lebende, gebürtige Deutsche Ludwig Fels, ist einer der großen Ausnahmekünstler der Gegenwartsliteratur. Das hat er mehrfach bewiesen. Mit Gedichtbänden wie „Egal wo das Ende der Welt liegt“ und mit Romanen wie „Der Himmel war eine große Gegenwart“ oder „Bleeding Heart“ und „Reise zum Mittelpunkt des Herzens“.

„Als Gott die Menschen erschaffen hat, also uns – da ist ihm, glaube ich, was von dem Lehm und dem Odem übriggeblieben. Daraus hat er dann die Tiere und die andern gemacht.“
„Welche andern?“
„Die, die hier leben.“
„Auch die Frauen?“
„Ja, würde ich sagen. Sind wie Tiere. Wie Tiere, die sprechen können.“

Ludwig Fels ist aber auch ein „Ausnahmefall“, wenn man ihn so nennen kann. Wenig bekannt, von der Öffentlichkeit gröblich vernachlässigt, eine literarische Existenz am Rande eines Literaturbetriebs, der sich immer schneller dreht und die Kriterien Qualität und Beständigkeit schon lange irgendwo liegen gelassen hat. Vielleicht ist das dem Fels auch durchaus recht so. Denn in jenem Karussell sich selbst bis zum Exzess vermarktender „Fräuleinwunder“ und „Pseudokraftlackel“ hat dieser Autor wahrlich nichts verloren. Stattdessen feilt er beharrlich weiter an seinem Weltbeschreibungsprogramm, wo Schmerz und Liebe, Hoffnung und Enttäuschung in nackter Form zu Tage treten. Nicht anders sieht es auch in seinem neuen Roman mit Schauplatz Deutsch-Südwest-Afrika, heute Namibia, aus. Titel: „Die Hottentottenwerft“.

Der junge fränkische Stallbursche Crispin Mohr schließt sich im November 1903 als Reitersoldat den Schutztruppen der Kolonie Deutsch-Südwestafrika an. In der Hafen- und Wüstenstadt Swakopmund angekommen, erlebt er den Alltag einer sich zum Kampf rüstenden Garnison. Deren Oberbefehlshaber Hauptmann Suck gebietet nicht nur über die deutschen Soldaten, sondern auch über eine Menge afrikanischer Zwangsarbeiter - darunter die bildschöne Hulette, Enkelin des Stammesführers Ximenz, die dem deutschen Militär als Geisel zum Erhalt des Scheinfriedens mit den Einheimischen überlassen wurde. Der junge Mohr, schikaniert von seinen Kameraden und von einer Zukunft als Kolonial-Farmer träumend, verliebt sich in Hulette und versucht sie – mitunter mit großem Mut – vor den Übergriffen der Weißen zu schützen.

Als „weißer Kaffer“ von den Deutschen angefeindet und von den Afrikanern belächelt, gerät er zwischen die Fronten, als die Afrikaner genug von der schleichenden Landnahme und den ständigen Misshandlungen haben und den Aufstand wagen. In Szene gesetzt ist der Plot in einer archaischen Landschaft, die Ludwig Fels in wuchtigen Bildern zu beschreiben versteht.

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Ludwig Fels, "Die Hottentottenwerft", Roman, Jung & Jung Verlag