Volx/Margareten startet mit "Nachtschicht"
Mit einer neuen Zuschauertribüne und der Uraufführung von "Fasching" nach Gerhard Fritsch hat Anna Badora letzte Woche ihre Ära im Wiener Volkstheater eröffnet. Sie will das Volkstheater völlig umkrempeln und wird auch die zweite Spielstätte des Hauses, den ehemaligen Hundsturm im 4. Wiener Gemeindebezirk wiederbeleben.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 10.9.2015
Im Volx/Margareten, wie die Spielstätte ab jetzt heißt, sollen künftig alle Premieren von "Volkstheater in den Bezirken" stattfinden und Produktionen gezeigt werden, die eng mit der Stadt und dem Stadtleben verbunden sind. Schon am Freitag eröffnet der neue Spielort mit einer Uraufführung. "Nachtschicht" ist der Titel dieser "theatralen Feldforschung". Es geht um Menschen, die nachts arbeiten, als Taxifahrer oder Pflegepersonal, als Security Mitarbeiter oder Würstlstandbetreiber. Auf der Bühne treten sie selbst auf und reflektieren über ihre Lage, die gesellschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit und die Konsequenzen der Nachtarbeit.
Es gibt die Lerchen und die Eulen. Die Lerchen, das sind die vielen Normalbürger, die unter Tags arbeiten und nachts schlafen, die am gesellschaftlichen Leben teilhaben, das Tageslicht genießen und soziale Kontakte pflegen können. Und es gibt die Eulen, die ihren Arbeitstag dann beginnen, wenn es dunkel wird, die Teil sind jener Parallelwelt, in der andere Gesetze herrschen, die ihre Freiheit genießen und den Nachtzuschlag.
"Einerseits gibt es so eine subversive Haltung, sich dem Alltag zu entziehen, die sehr umtriebig ist. Es ist ein anderer Rhythmus und eine andere Selbstverantwortung", sagt die deutsche Regisseurin Jessica Glause. Sie hat sich auf die Suche nach den Eulen gemacht. 120.000 nachtarbeitende Menschen gibt es allein in Wien. Aus den vielen Bewerbungen, die dem Volkstheater-Aufruf gefolgt sind, hat sie mittels eines Castings eine interessante Mischung herausgesiebt: Da gibt es die Astronomin und den Türsteher, die Flughafenmitarbeiterin und den Barmann, die Fledermausforscherin und den OP Assistenten.
Dass die Nacht ihren Preis fordert, das wissen sie alle die sieben Menschen, die da zwischen schwarzen Paravents, Scheinwerfern und Requisiten aus ihrem Leben berichten. Mit Laiendarstellern hat Jessica Glause viel Erfahrung. Für ihre mehrfach ausgezeichneten partizipativen Projekte hat sie unter anderem mit türkischen Gastarbeitern, mit moldawischen Homosexuellen und mit Kindern zum Thema Welt ohne Internet gearbeitet. Ihre Arbeitsweise ist immer ähnlich: sie führt Gespräche und Interviews, holt aus allem Extrakte heraus und verschriftlicht sie. Dann baut sie Brücken zwischen den Texten und führt die Laiendarsteller behutsam und mit vielen gruppendynamsichen Übungen ans Arbeiten miteinander und auf der Bühne heran.
Es sind spannende Geschichten, die da im Volx Margareten einen völlig neuen Blick auf die Arbeit der Nacht ermöglichen - die Räumlichkeiten in der Margaretenstrasse, die unter Schottenberg als Nebenspielstätte Hundsturm geführt wurden, sind allerdings noch weit entfernt vom neuen Glanz der Badora Ära. Aber die hat ja gerade erst begonnen und vielleicht ist der etwas abbröckelnde Charme des Kellertheaters ja auch ganz passend für die „Nachtschicht“ Uraufführung.
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Volkstheater - Nachtschicht