Flüchtlinge zu EU-Aufnahmequoten

Die Nacht auf Montag haben mehrere tausend Flüchtlinge in Notschlafstellen in Wien verbracht. Obwohl die Zahl der Betten am Wochenende auf 3.900 aufgestockt wurde, haben etwa auf dem Wiener Hauptbahnhof viele Flüchtlinge im Freien übernachten müssen. Das Ö1-Morgenjournal hat dort Flüchtlinge gefragt, was sie von einer verpflichtenden Aufnahmequote für alle EU-Mitgliedsstaaten halten.

Morgenjournal, 14.9.2015

Zielland bleibt Deutschland

Dicht gedrängt stehen Feldbetten am Ende der Bahnsteigabgänge am Wiener Hauptbahnhof. Die Fahrradgarage ums Eck ist zur Notschlafstelle umfunktioniert. An den Wänden hängen Zettel, darauf steht "Ruhe Bitte" auf Arabisch und Englisch. Doch zur Ruhe kommen die Menschen hier kaum. Der 23-jährige Medizinstudent Sam Aldaquil ist vor einem Monat aus Syrien geflüchtet. Die Nacht hätte er lieber im Zug nach Hamburg verbracht: "Ich habe ein Ticket gekauft, der Zug hätte um 8.00 Uhr gehen sollen, jetzt bin ich enttäuscht und traurig", so Aldaquil.

Sam Aldaquil will nach Deutschland, um dort sein Medizinstudium fortsetzen und sich ein neues Leben aufbauen. Das Feldbett neben ihm hat der 27-jährige Laborant Hamed Zaid bezogen. Er will zu seinem Cousin nach Schweden. "Ich habe gehört, dass es dort sehr schön ist und die Regierung die Flüchtlinge unterstützt", sagte Zaid.

Schlechte Erfahrungen in Ungarn

Mit ihren Wunschzielländern sind die beiden jungen Syrer nicht allein. Norwegen, Finnland und Österreich könnte sich Hamed Zaid auch vorstellen, Ungarn oder Griechenland aber auf keinen Fall. Zu schlecht sind die Erfahrungen, die er dort auf seiner Flucht gemacht hat.

Der vieldiskutierten Idee, die Flüchtlinge per Quote auf alle EU-Mitgliedsstaaten zu verteilen, können die beiden aber trotzdem etwas abgewinnen. Und zwar unter der Bedingung, dass alle europäischen Länder dasselbe Asylsystem haben: "Die wirtschaftsstarken Länder müssten dann mehr Flüchtlinge aufnehmen, als die wirtschaftsschwachen. Ich denke aber, wenn alle 28 EU-Länder Flüchtlinge aufnehmen würden, gebe es das Problem nicht mehr", so Zaid.

Asylantrag in Syriens Nachbarländern?

Dass Flüchtlinge sich erst in große Gefahr bringen müssen, um Asyl beantragen zu können, stört die beiden am europäischen Asylsystem am meisten. Das sei auch der Grund warum sie ohne ihre Familien flüchten mussten. Die habe alle Hoffnungen auf die jungen Männer gesetzt, die die Flucht am wahrscheinlichsten überstehen. Asylanträge sollten auf den Botschaften in Syriens Nachbarländern beantragt werden können, sagte Aldaquil.

"Warum lässt man die Menschen diese gefährlichen strapaziösen Wege antreten, übers Meer und mit Schleppern", so Aldaquil. Es wäre die bessere Lösung, die Türkei oder der Libanon würden Büros einrichten, wo der Transport in andere Länder organisiert wird. Mit den Regierungen müsse es Abkommen geben.

Seine Flucht habe bisher 5.000 Euro gekostet, so Zaid. "Mafia" sagt er, wenn er über die Schlepper spricht. Wie viel Geld er noch brauchen wird, bis er in Schweden ist, weiß er noch nicht. In einem besseren System könnte das Geld doch auch anders eingesetzt werden, sagt er. "Könnte man in der Türkei oder im Libanon Asyl beantragen, könnten wir dort zum Beispiel 1.000 oder 2.000 Euro zahlen und dann mit dem Flugzeug nach Europa kommen. Ich denke, das ist eine gute Idee", betont Zaid.