Human Genome Project: Erwartungen nicht erfüllt
In der biomedizinischen Forschung ist es heutzutage selbstverständlich, mit dem menschlichen Genom zu arbeiten. Dabei wurde das Humangenomprojekt (HUGO) erst vor 15 Jahren beendet: Im Jahr 2000 war das erste komplette Erbgut eines Menschen ausgelesen worden. Hohe Erwartungen wurden in die Entschlüsselung gesetzt, etwa im Kampf gegen Krankheiten wie Krebs und Alzheimer, die noch unerfüllt blieben.
8. April 2017, 21:58

EPA/Michael Reynolds
Mittagsjournal, 14.9.2015
Wolfgang Däuble
"Krebs nur noch als Sternzeichen kennen"
Alzheimer, Krebs und Diabetes sollten schon bald besiegt sein, das waren die vollmundigen Versprechungen, als im Jahr 2000 der damalige US-Präsident Bill Clinton vor die Weltöffentlichkeit trat, um die Fertigstellung des Humangenomprojekts zu verkünden "Die meisten, wenn nicht alle menschlichen Krankheiten erkennen und vorbeugen, so dass unsere Enkelkinder Krebs nur noch als Sternzeichen kennen werden", verkündete Clinton damals.
Bisher ist das nicht eingetroffen, trotz der unglaublichen Mittel, die für die erste Sequenzierung eines menschlichen Genoms aufgewendet wurden. Mehr als drei Milliarden Dollar aus öffentlicher Hand, über tausend Wissenschaftler aus 40 Nationen und zehn Jahre Zeit brauchte das Mammutprojekt. Ein damals recht umstrittener Aufwand, erinnert sich der Molekularbiologe Michael Jantsch, Leiter des Zentrums für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Universität Wien.
"Technischer Fortschritt gepusht"
"Denn man wusste schon damals, es wird so viel Geld verschlingen, dass die große Sorge bestanden hat, dass Grundlagenforschung vielleicht auf der Strecke bleiben könnte", sagt Jantsch im Ö1-Mittagsjournal. Rückblickend müsse natürlich gesagt werden, was nicht bedacht worden ist, sei der technische Fortschritt und die technische Entwicklung, die gerade durch das Human Genome Project gepusht wurde.
Die Methoden, die DNA zu entschlüsseln, haben sich durch das Projekt enorm schnell weiterentwickelt. Während ein komplettes Genom von einer Pflanze, einem Tier und eines Menschen auszulesen, zu Beginn der neunziger Jahre noch ein fast unmögliches Vorhaben war, dauert es heute dank vollautomatisierter Maschinen nur mehr wenige Tage und kostet nur noch einige tausend Dollar.
Bessere Behandlung von Krankheiten
"Das ist ein Quantensprung würde ich sagen, vor allem sind damit natürlich Fragestellungen zu beantworten möglich geworden, von denen wir früher immer nur geträumt haben", betont Jantsch.
Inzwischen kann das Genom einzelner Zellen sequenziert und ihr genetischer Zustand bis ins Detail bestimmt werden. Viele Krankheiten können dank des technischen Fortschritts besser verstanden und behandelt werden. Auch wenn nicht alle Erwartungen erfüllt wurden, bleibt die Entschlüsselung des menschlichen Genoms eine der größten wissenschaftlichen Errungenschaften des vergangenen Jahrhunderts.