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BERLIN VERLAG

Zeruya Shalev und der "Schmerz"

Mit ihrem Roman "Liebesleben" ist Zeruya Shalev zur internationalen Bestsellerautorin geworden. Seither hat die israelische Schriftstellerin gerade im deutschsprachigen Raum eine sehr große Fangemeinde gefunden. In ihren Romanen beschreibt sie die unterschiedlichen Varianten von Familienkonstellationen. Ihr jüngstes Werk "Schmerz" ist ein sehr persönliches Buch.

Morgenjournal, 22.9.2015

Aus Berlin,

"Wir brauchen den Schmerz"

Für Zeruya Shalev gibt es kein Leben ohne Schmerz. Trotzdem ist ihre Sicht auf die Welt nicht düster oder pessimistisch, sondern sehr lebensnah. Ihre Figuren kämpfen mit dem Seelendurcheinander, das aus Liebe und Abhängigkeit entsteht, aus enttäuschten Hoffnungen und unerfüllten Erwartungen. "Wir brauchen den Schmerz, damit wir umso besser spüren, wenn es uns gut geht", sagt die Autorin. "Schmerz ist nicht nur negativ. Meine Figuren erleben ganz unterschiedliche Emotionen, Schmerz ist nur eine davon."

Opfer eines Terroranschlags

In ihrem jüngsten Roman leidet die Hauptfigur Iris an einer doppelten Verwundung. Sie ist als 17-Jährige - scheinbar ohne Grund - von der Liebe ihres Lebens verlassen worden. Später, als sie längst eine erfolgreiche Schulleiterin, Ehefrau und Mutter ist, wird sie Opfer eines Terroranschlags auf einen Bus. Zeruya Shalev ist selbst auch bei einem Attentat in Israel verletzt worden. "Ich hatte mir fest vorgenommen, nicht darüber zu schreiben", erinnert sie sich. "Ich wollte mich ja nicht selbst therapieren. Ich wollte keine Literatur aus dieser schrecklichen Erinnerung machen. Aber jetzt ist es doch passiert, nach etwas mehr als zehn Jahren, obwohl ich es absolut nicht geplant habe."

Jugendliebe oder Familie?

Zeruya Shalev entwickelt ihre Figuren, während sie schreibt. Als sie die gereifte und selbstbewusste Iris auf ihre Jugendliebe Eitan treffen lässt, ist der Autorin selbst noch nicht klar, ob sich ihre Hauptfigur für die wieder aufgeflammt Leidenschaft oder für ihre Familie entscheiden wird. Es ist ein sehr persönliches Buch. "Ganz langsam, während ich geschrieben habe, ist mir klar geworden, dass es gar nicht so sehr um die Frage geht, ob Iris ihren Ehemann und die Familie wählt, oder das aufregende leben an der Seite ihres Liebhabers. Die eigentliche Frage ist doch, ob wir nicht zu viel von uns selbst aufgeben, unsere Individualität, um unsere große Liebe zu leben. Ab wann ist das nicht mehr gut für uns?"

Bewunderung für Merkel

Der Roman spielt im heutigen Israel, vor dem Hintergrund der Ängste und vielfachen Verletzungen, die das Leben dort auch für Zeruya Shalev sehr anstrengend machen. Die große Flüchtlingsbewegung nach Europa, geht den Menschen in Israel sehr nahe. Zeruya Shalev bewundert die deutsche Kanzlerin Angela Merkel für ihre Entscheidung, Kriegsflüchtlinge so großzügig aufzunehmen. "Ich weiß, dass das nicht einfach ist. Aber ist das nicht großartig? Auch vor dem Hintergrund der Geschichte. Das jetzt ausgerechnet Deutschland zum sicheren Hafen wird und Menschen aufnimmt und rettet. Das ist eine sehr symbolische und sehr schöne Geste."

Service

Zeruya Shalev, "Schmerz", Berlin Verlag