"Die Präsidentinnen" im Akademietheater

Vor genau 25 Jahren hat die Uraufführung von Werner Schwabs Stück "Die Präsidentinnen" für seinen Durchbruch als Dramatiker gesorgt und gehört seitdem zu seinen beliebtesten und meistgespielten Stücken. Das vielumstrittene Fäkaliendrama wurde bereits 1994 - im Todesjahr des Autors - im Akademietheater gezeigt. Dort ist es ab morgen wieder zu sehen, in der Regie von David Bösch mit Regina Fritsch, Barbara Petritsch und Stefanie Dvorak.

Morgenjournal, 2.10.2015

"Nicht aufführbarer Schund"

Der viel zu früh verstorbene und als Radikaldramatiker gefeierte Werner Schwab blickte tief in den Abort der Menschheit, und förderte mit bloßen Händen dampfende Exkremente zutage. Das sorgte vor 25 Jahren nicht nur für Naserümpfen, sondern für handfeste Skandale: Schauspielerinnen legten ihre Rollen nieder, Zuschauer verließen die Säle - von nicht aufführbarem Schmutz und Schund war die Rede. Doch mit den Jahren und unzähligen Aufführungen in ganz Europa, hat sich das Stück zum Klassiker entwickelt, und unter dem Fäkaliengestank entdeckte man ein geniales, sprachgewaltiges Werk. "Werner Schwab war ein genialer Dichter und Beobachter der menschlichen Seele - er schaut genau in Abgründe und verdichtet das dann in eine kongeniale Sprache", so Regisseur David Bösch.

"Figuren, die um ihr Leben kreisen"

Als menschgewordene Bildzeitung versteht Regina Fritsch die von ihr dargestellte Erna - eine bigotte Mindestpensionistin, die an ihrem versoffenen Sohn, der ihr keine Enkelkinder schenken will, verzweifelt. Barbara Petrisch spielt ihre Freundin, die lüsterne, vom Leben gezeichnete Grete, die den Missbrauch ihrer Tochter verharmlost, und Stefanie Dvorak schlüpft in die Rolle der einfältig-fleißigen und religiös beseelten Mariedl, die buchstäblich alle Verstopfungen löst.

"So sehen wir Figuren, die um ihr Leben kreisen - alle haben ihre Geschichten und Traumata, die sie nicht loswerden", erklärt David Bösch, der schon Schwabs "Reizenden Reigen" und "Volksvernichtung" inszeniert hat. Er nimmt sich in der Regie deutlich zurück, verlässt sich auf Schwabs Sprache und verzichtet darauf, die Brechreizgrenze des Publikums mit optischen Reizen überzustrapazieren. Sein langjähriger Bühnenbildner Patrick Bannwart - ein Meister der Schäbigkeit - darf sich in der Tristesse der Wohnküche ordentlich ausleben - inklusive Kurt Waldheim Bild, Kruzifix und einem gesprayten "Fuck Mother" an der Bühnenrückwand.

Die Leich bleibt bei Schwab nicht im Keller - er macht seinen Lebensekel sichtbar und rechnet ab - mit der eigenen Kindheit, mit der Institution Kirche, mit der alleinerziehenden Mutter. Dass hier kein Happy End vorgesehen ist, versteht sich von selbst. Werner Schwabs Stück "Die Präsidentinnen" hat morgen Abend am Wiener Akademietheater Premiere.

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Burgtheater - Die Präsidentinnen

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