Film-Drama "Die blauen Stunden"

Ein junger Modefotograf der sich an den Hochglanzoberflächen abgearbeitet hat, ein stummer Stricher, und ein transsexuelles Callgirl: Dieses Figurendreieck steht im Zentrum des Films "Die blauen Stunden" ("After Love") des österreichischen Filmemachers Marc Jago. Es ist ein Independent-Film mit Wilson Gonzalez Ochsenknecht u.a.

Kulturjournal, 2.10.2015

1980 in Leoben geboren, ist Jago nach längeren Aufenthalten in Kanada, Berlin und San Francisco wieder zurück in Österreich - in Wien, wo er schon an der Akademie der bildenden Künste bei Franz Graf Malerei studiert, und nun auch den Film "Die blauen Stunden" gedreht hat. Es ist ein Low-Budget-Film mit teils prominenter Besetzung. Als stummer Stricher ist der deutsche Jungstar Wilson Gonzalez Ochsenknecht zu sehen, bekannt aus der Jugend Film Reihe "Die wilden Kerle" und Sohn von Schauspieler Uwe Ochsenknecht. Seine Premiere hatte der Film bereits im Rahmen des renommierten Max Ophüls Festivals - ab heute ist "Die blauen Stunden" regulär im Kino zu sehen.

"Die blauen Stunden" von Marc Jago ist alles andere, als ein konventionell erzählter Film, das wird schon nach wenigen Minuten deutlich: in Schwarz-Weiß gedreht, Szenen, die immer wieder um einzelne Bilder organisiert sind, wobei jedes für sich eine eigene Geschichte zu erzählen scheint. Mal grell ausgeleuchtet, dann subtile Schattierungen. Figuren klar gezeichnet vor nackten Fliesenwänden oder als Umrisse, die mit nächtlichen Parkkulissen oder dem Schwarz auf der Leinwand, verschwimmen. Die Entscheidung für Schwarz-Weiß, sei dabei schon früh festgestanden, so Regisseur Marc Jago. Immer wieder tönen dann Stimmen aus dem pulsierenden Soundtrack heraus: kleine Dialoginseln, die weniger die Handlung erklären oder eine Geschichte weitererzählen, sondern dem Zuschauer viel mehr als Gedanken, Skizzen und Ideen vorgeworfen werden.

Es ist eine manchmal fast experimentell anmutende Herangehensweise. Erzählebenen die verschwimmen; Bilder und Szenen, die aufgebrochen werden. Und der Zuschauer, der in diesem Fluss aus Bildern und Tönen seine eigene Geschichte finden muss. Sich nicht ablenken lassen darf, vom manchmal fast manieristischen Charakter der Dialoge, die sich gegen jeden Mainstreamduktus sperren. Ein bewusster Eingriff des Regisseurs: der Autor, der durch die Figuren spricht.

Langer Weg eines Drehbuchs

Es ist eine Geschichte über Spielarten der Liebe, über Abhängigkeit und Macht, Begegnungen zwischen den Geschlechtern, kryptisch erzählt. In Hanoi sind vor acht Jahren erste skizzenhafte Entwürfe des Drehbuchs entstanden. Auf Einladung einer polnischen Produzentin schrieb Jago dann ein fast märchenhaftes Buch über die Geschichte zweier Brüder, bevor das Drehbuch einige Jahre in der Schublade liegen blieb. Dann kam die Zusage für eine kleine Förderung: Jago schrieb es erneut um, reicherte es mit autobiografischem Material an, musste aber feststellen, dass es in dieser Form unverfilmbar war, reduzierte wieder und fand schließlich zur Endfassung.

Daneben arbeitete er in Clubs, an der Bar - gemeinsam mit dem Produzenten des Films, um die Zeit besser nutzen zu können. Denn Jago stand für diesen Film ein Budget von nur 20.000 Euro zur Verfügung, bescheidene 3.000 Euro konnten dann zusätzlich noch über Crowdfunding lukriert werden. Und auch im Kino wird sich dieser Film sein Publikum erst suchen müssen, denn "Die blauen Stunden" ist alles andere als dahinplätschernde Unterhaltung. Aber umso schöner ist es auch, dass dieser Film trotzdem seinen Weg auf die große Leinwand gefunden hat.