Camerons EU-Spagat

David Cameron hat seine Wahl längst hinter sich, hat im Mai zur allgemeinen Überraschung die absolute Mehrheit geholt. Heute versammeln sich seine Konservativen in Manchester zu einem Parteitag. Dort geht es vor allem um den Weg zur EU-Volksabstimmung, die Cameron den Briten versprochen hat.

Mittagsjournal, 5.10.2015

Aus Manchester,

Ein halbes Jahr nachdem der britische Premierminister David Cameron völlig überraschend bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit geschafft hat, versammeln sich die Konservativen in Manchester zur Parteikonferenz. Stiller Jubel nicht Selbstzufriedenheit ist die Devise. Mit gutem Grund: Der Premierminister hat einen gewaltigen Brocken Arbeit vor sich: Er muss in Brüssel bessere Konditionen für die EU Mitgliedschaft ausverhandeln, bevor er die Briten zur Volksabstimmung über einen Verbleib in der Union an die Urne schickt. Es steht noch kein Abstimmungsdatum fest, ein Referendum wäre aber schon nächstes Jahr möglich. Cameron erhöht zu Beginn des Parteitags den Druck auf Brüssel: Wenn er ohne Ergebnisse abgespeist werde, dann könne er nicht garantieren, dass er sich für einen Verbleib des Königreichs in der EU stark mache.

Angriff als beste Verteidigung

Es ist der erste Parteitag seit 19 Jahren für die Konservativen in einer Alleinregierung. Von Triumph aber keine Spur, mild lächelnd steigt der Premierminister aus dem Auto aus, es sei schön wieder hier zu sein, sagt er zu den Journalisten. Es ist seine letzte Amtszeit als Premierminister, Cameron hat ja schon den Rückzug angekündigt. Europa wird seine verbleibende Zeit in der Downing Street dominieren. Cameron setzt auf Angriff als beste Verteidigung für die Interessen der EU kritischen Briten. Er wird für einen Austritt aus der Union werben wenn die Verhandlungen nicht nach seinem Geschmack laufen.

Wenn ich nicht bekomme was ich will, schließe ich nichts aus, so einfach ist das, aber ich bin zuversichtlich, sagt der Premierminister im BBC Fernsehen. Und wieder einmal zählt er auf was die Briten an der EU so stört. Die immer enger werdende politische Union, der mangelnde Einfluss der Nationalparlamente auf die EU Gesetzgebung, die wachsende Einwanderung und der damit verbundene Zugang zu Sozialleistungen für Neuankömmlinge. Die Reformen sind nach Ansicht des britischen Premierministers im Interesse aller Mitgliedsstaaten, nicht nur aus dem Kuchen gepickte Rosinen für die Briten. Die Nationalparlamente sollten die Möglichkeit haben EU Gesetzesvorhaben zu blockieren sagt Cameron, das ist eines seiner Verhandlungsziele.

Ein noch größeres Kunststück wird es sein, die eigene Partei bei Laune zu halten und Spaltungen zu vermeiden. Die EU Skeptiker unter den Konservativen präsentieren in den nächsten Tagen ihre „Raus aus der EU“ Kampagne. Sie wollen gar nicht erst die Verhandlungen abwarten, die ihrer Meinung nach eh nichts bringen weil man sich die Ziele zu tief gesteckt habe. Der Premierminister gibt sich gelassen. Man kann es nie allen recht machen, es gibt Leute die die EU verlassen wollen, egal was ich in Brüssel erreiche.

Von seinen Kabinettsmitgliedern erwartet er aber, sich in die Verhandlungen einzubringen und das Ergebnis abzuwarten, bevor sie sich auf die Nein Seite schlagen, das nennt man kollektive Verantwortung, sagt Cameron.

Am Rande des Parteitags finden zahlreiche politische Veranstaltungen zur EU Frage statt, eine gute Möglichkeit für Journalisten herauszufinden, ob die Partei ebenso zuversichtlich wie ihr Chef ist,