Budgetrede: "Mehr Tempo und mehr Reformen"
Finanzminister Hans Jörg Schellings erste Budgetrede: im Vorfeld hat er eine "politische" Rede angekündigt, keine Zahlenfriedhof. Seit seinem Amtsantritt trägt er das Mantra vor sich her, dass Österreich ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem habe. Allerdings: auch 2016 wird es wieder höhere Ausgaben als Einnahmen geben. Und dazu kommen noch Risikofaktoren wie die Finanzierung der Steuerreform etwa.
8. April 2017, 21:58
APA/ROBERT JÄGER
Mittagsjournal, 14.10.2015
Aus dem Parlament,
Wahrheit zumutbar
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat seine erste Budgetrede ins Zeichen der Reformfreude gestellt. In seinem 55-minütigen Vortrag versprach er im Nationalrat eine massive Entbürokratisierung, verlangte Einschnitte im Pensionsbereich und sicherte im Gegenzug eine Abschaffung der "kalten Progression" sowie eine Lohnnebenkosten-Senkung zu.
Schelling findet, dass nicht alle die "Zeichen der Zeit" erkennen würden. Auch Politiker versteckten sich hinter der Wahrheit. Dabei sei diese den Menschen zumutbar: "Ich gehe sogar so weit: Es ist unsere Pflicht, den Menschen reinen Wein einzuschenken."
Der reine Wein, von dem Schelling spricht, beinhaltet den Rückfall Österreichs in Sachen Wettbewerbsfähigkeit, dass die hohe Steuer-Last dem Standort schade sowie dass die überbordende Bürokratie den Betrieben die Luft nehme. Das deutsche Wirtschaftswachstum sei vier mal höher als das österreichische.
So hinnehmen will der Finanzminister das nicht: "Der Standort Österreich muss wieder zurück in die Champions League. Mit der Regionalliga Ost sollten wir uns nicht zufriedengeben." Schelling meint, dass das auch gelingen wird: "Das Österreich, das ich kenne, wird die Ärmel hochkrempeln, wenn die Rahmenbedingungen passen."
Was er selbst mit dem Budget geleistet hat, findet Schelling sichtlich nicht so schlecht, gelinge mit diesem doch der erste Schritt heraus aus dem Mittelfeld. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen mit Hypo-Folgen, schwachem Wirtschaftswachstum, Flüchtlingskrise und Kosten der Steuerreform liege man mit einem Abgang von 1,4 Prozent des BIP innerhalb der Maastricht-Grenze und halte zum dritten Mal in Serie das strukturelle Nulldefizit ein.
Er selbst hätte sich schon viel weitreichendere und schnellere Reformen gewünscht. Aber auch hier habe einmal ein erster Schritt gesetzt werden müssen, womit der Minister vor allem die "mit solider Gegenfinanzierung" versehene Steuerreform meint, die nicht nur den Bürgern mehr Geld bringe, sondern auch die "Bürokratielawine zu entflechten beginnt".
Was die anstehende Bildungsreform angeht, müsse die ihren Namen verdienen. In Sachen Verwaltungsreform nimmt sich Schelling vor, die eine Hälfte der Vorschläge des Rechnungshofs bis Ende 2016 umzusetzen und die andere bis dahin zumindest in Angriff zu nehmen.
Zwar redete der Finanzminister pro futuro dem klugen Sparen das Wort, doch hob er auch besonders jene Bereiche hervor, in denen mehr ausgegeben wird, etwa im Bereich Arbeit, in der Forschung oder bei der Sicherheit, der angesichts der Flüchtlingskrise ein ganzes Kapitel in der Budgetrede gewidmet wurde.
Dabei würdigte Schelling die Menschlichkeit des Landes, warb aber auch für schnellere Verfahren und konsequente Abschiebungen, wenn kein Asylgrund besteht. Betont wurde vom Minister, sich als Erster bei der Europäischen Kommission dafür eingesetzt zu haben, dass die Solidarität einzelner Länder wie Österreich nicht bestraft werden dürfe - dass also die höheren Kosten durch die Flüchtlinge beim strukturellen Defizit angerechnet werden können.
Reformbedarf nannte Schelling wieder einmal im Pensionssystem. Die Verweildauer im Ruhestand steige jährlich, während die Versicherungszeiten weniger würden: "Das kann sich rechnerisch nicht ausgehen." Eingriffe in bestehende Pensionen plant der Finanzminister freilich nicht.
Wichtig ist Schelling auch eine Neuordnung der Kompetenzen zwischen den Gebietskörperschaften: "Der Finanzausgleich in seiner heutigen Form ist undurchschaubar." Derzeit sei jeder für etwas zuständig, aber niemand für etwas verantwortlich. Hier müsse dringend aufgeräumt werden: "Es kann nicht sein, dass einer bestellt, und der andere zahlt." (Text: APA, Red., Audio: ORF)