Lyrik von Ernst Herbeck
Auf außergewöhnliche Lyrik setzt das Museum Gugging in Klosterneuburg in seiner neuen Ausstellung. Sie ist dem Dichter Ernst Herbeck (1920 bis 1991) gewidmet, der 40 Jahre seines Lebens in der niederösterreichischen Landesnervenklinik in Gugging verbrachte. Sein Werk hat seit den späten 1960er Jahren Autorenkollegen ebenso wie die Literaturkritik beeindruckt.
8. April 2017, 21:58
Herbeck hinterließ über 1.000 Gedichte und Kurztexte; eine Auswahl dieser Arbeiten wird jetzt im Museum Gugging mit Lebensdokumenten, Fotos und mehr als 100 Zeichnungen inszeniert.
Morgenjournal, 22.10.2015
Im Zentrum der Ausstellung hängt ein großer Zylinder, innen austapeziert mit Herbeck-Gedichten, man hört die Stimme des Dichters. Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, im Volksmund "Hasenscharte" genannt, hinderte Ernst Herbeck am Sprechen, die Artikulation war nasal, er redete wenig.
Behandlung mit 60 Insulinschocks
Mit 20 war er erstmals in psychiatrische Behandlung gekommen; er glaubte, dass er hypnotisiert werde und hörte Stimmen, durch die er sich beeinflusst fühlte. In der Wiener Psychiatrischen Universitätsklinik wurde Herbeck mit 60 Insulinschocks behandelt. Zwei Jahre später, man schrieb das Jahr 1942, kam er nach Gugging, wo die Schockbehandlungen fortgesetzt wurden, und sein paranoid-halluzinatorischer Zustand chronisch wurde.
Anregung seines Arztes
1960 forderte ihn sein Arzt Leo Navratil auf, ein kurzes Gedicht zu schreiben. "Der Traum ", "Der Frühling ", "Die Liebe", "Die Wüste", "Der Hase", "Mein Herz" - so heißen die Gedichte, eine Enzyklopädie einer eigenen Welt auf postkartengroßem Packpapier. Über 1000 dieser Texte sind im Lauf der Jahre entstanden. Aus diesem Fundus hat Gisela Steinlechner, Autorin einer Herbeck-Monografie und Herausgeberin einer Werkauswahl die Ausstellung komponiert.
"Seine Ohren sind empfindlich wie die von Fledermäusen"
"Meine Sprache ist total und grundsätzlich", schrieb Ernst Herbeck, "die Gedichte sind deshalb gut und zwar schön." Es waren Autorenkollegen wie Gerhard Roth, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker oder Andre Heller, die über Leo Navratil bereits in den späten 60er Jahren auf das Werk von Ernst Herbeck aufmerksam wurden und sich für sein Werk einsetzten. "Autoren, die seine Sprache geschätzt oder die sich mit ihm verwandt gefühlt haben. Bei Jandl", betont Gisela Steinlechner, "könnte man sogar sagen, dass er Einflüsse übernommen hat. Eine Sprache, die sehr neu war und etwas Unerhörtes hatte, und die da offenbar etwas getroffen hat."
"Seine Ohren sind empfindlich wie die von Fledermäusen", schrieb Gerhard Roth über Ernst Herbeck. Und: "Er hat mikroskopische Augen, die in das Innere der Dinge sehen können." In das Innere des Herbeckschen Universums kann man jetzt im Museum Gugging sehen.
Service
Museum Gugging - ernst herbeck.! eine leise sprache ist mir lieber
Bis 22. Mai 2016 (täglich außer montags)