Frauenhände

BERLIN VERLAG

Roman von Zeruya Shalev

Schmerz

Seit fünfzehn Jahren gibt es die Bücher der israelischen Schriftstellerin Zeruya Shalev auf Deutsch - und in der Übersetzung von Mirjam Pressler werden Kraft und Intensität des Originals eindrucksvoll spürbar. Nachdem Shalev vor drei Jahren "Für den Rest des Lebens", einen eng mit der Geschichte Israels verknüpften Generationenroman, vorgelegt hat, liegt nun "Schmerz", ihr fünfter Roman.

"Spürbarer als sonst grundiert diesen Roman die israelische Realität"

Iris, die Ich-Erzählerin, ist Mitte Vierzig. Schulleiterin in Jerusalem, gute zwanzig Jahre verheiratet mit Micki, einem Informatiker. Tochter Alma hat ihren Militärdienst hinter sich und jobbt in Tel Aviv als Kellnerin, Sohn Omer steht kurz vor dem Schulabschluss. Die Ehe von Micki und Iris ist unaufgeregt stabil, die beiden haben sich mit getrennten Schlafzimmern und einem befriedigendem Berufsalltag eingerichtet. Eigentlich könnte es noch ein paar Jahrzehnte so weitergehen. Doch plötzlich erweist sich die behauptete Normalität als brüchig, der äußere Frieden als trügerischer Schein: Iris, die vor zehn Jahre einen Selbstmordanschlag auf einen Bus in Jerusalem überlebt hat, lebt seitdem täglich mit körperlichen Schmerzen. Als sie zur Linderung ein Krankenhaus aufsucht, erkennt sie im behandelnden Arzt ihre Jugendliebe Eitan wieder.

Service

Zeruya Shalev, "Schmerz", Roman, aus dem Hebräischen Mirjam Pressler, Berlin Verlag 2015
Originaltitel: "Ke'ev"

Shalevs Plot ist einfach konstruiert, das Personal der Handlung überschaubar. Sie konzentriert sich traditionell auf die kleinste gesellschaftliche Einheit, das Paar, die Familie. Mann, Frau, Mütter, Väter und hier auch zunehmend die Kinder sind ihre Hauptfiguren. Das schwankende Beziehungsgeflecht zwischen diesen versteht sie wie keine andere Autorin bis in die feinsten psychologischen Verästelungen auszubuchstabieren. Doch spürbarer als sonst grundiert diesen Roman die israelische Realität. Die kleine Welt der Familie war bei Shalev nie heil. Da sie aber zunehmend der Bedrohung durch Krieg und Gewalt ausgesetzt ist, halten die Figuren an ihr fest - so gut es eben geht.