Schweigens Auftakt am Schauspielhaus
Mit der Uraufführung von "Punk & Politik" startet heute Abend das Wiener Schauspielhaus in eine neue Ära: Tomas Schweigen übernimmt nach Andreas Beck das Haus in der Porzellangasse. Ausgehend von der Biografie Jon Gnarrs, dem ehemaligen Bürgermeister von Reykjavik, entwirft Schwaigen eine neue Vision für Europa.
8. April 2017, 21:58
Tomas Schweigen stammt aus Wien, hat die letzten Jahre in der Schweiz gelebt und zuletzt das Theater Basel geleitet. Mit sieben Schauspielern aus fünf Ländern - seinem künftigen Ensemble - hat er die Produktion "Punk & Politik" entwickelt.
Morgenjournal, 31.10.2015
Das Wiener Schauspielhaus strahlt und leuchtet in neuem Glanz, blinkende Lichter umrahmen die Fassade mit dem neuen Logo, ein King Kong über dem Burgtheater ziert das Eröffnungsplakat und in rosa grünen Neonfarben wirbt eine Sissi in Lederjacke für die erste Produktion "Punk & Politik". Subversiv, anarchistisch und sehr komödiantisch soll der Auftakt einer neuen Saison werden, an deren Beginn sich Tomas Schweigen nicht nur als Intendant sondern auch als Regisseur vorstellt.
Die Ereignisse in Europa haben die Produktion "Punk & Politik" über den Sommer eingeholt - ein aktuelles Reagieren war nur möglich, weil man ohne fertigen Theatertext arbeitete. Die Arbeitsweise war ein Themen sammeln, reflektieren und Fragen stellen: Was passiert mit Europa? Wo sind die Visionen, wo sind die Perspektiven und wo die Politiker, die sich zu Identifikationsfiguren und Sympathieträgern eignen. Und man ist auf Jon Gnarr gekommen, den ehemaligen Bürgermeister von Reykjavik, der als Punk und Comedian quer in die Politik einstieg - um sie zu ändern.
Wie kann am Beispiel Reykjaviks Politikverdrossenheit in Politikbegeisterung umschlagen, wie kann Politik Spaß machen, wie kann man an der Zukunft arbeiten und wo sind die konkreten Utopien, fragt Tomas Schweigen. "Es werden Grenzzäune wieder hochgefahren, die Leute interessieren sich nicht mehr für die EU, aber wenn man sich mehr damit beschäftig, dann merkt man, dass es Leute gibt, die eine Vision haben. Wo wir anders mit solchen Situationen umgehen würden."
Was reichlich theoretisch klingt, wird am Schauspielhaus zu einem sinnlichen, lauten und wie es scheint recht witzigen Theaterabend gebastelt. Das Bühnenbild ist ein exakter Nachbau des Schauspielhaus-Portals, eine Portion Selbstironie dürfte wohl auch dabei sein. Den Überraschungseffekt der Premiere will man sich nicht nehmen lassen, und so wurde auch den Medien nur ein kleiner Probenausschnitt gewährt. Wie das Publikum die Collage aus Zitaten, Improvisationen, Liedern, Interviews und eigenen Texten, abseits jedes Genres aufnimmt, wird der heutige Abend zeigen. Und sollte sich Europa danach doch nicht verändert haben, so kann man danach immer noch sagen: "This could have been our incredible story."
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Schauspielhaus Wien - Punk & Politik