Kindergartenjahr: Frage nach Finanzierung

Die am Mittwoch präsentierte Bildungsreform sieht ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für Kinder ab vier Jahren vor. Allerdings gibt es dabei eine "Opt-out-Regel", also Ausnahmen, mit denen Kinder doch nicht im Kindergarten bleiben müssen. Wie diese Einigung in der Praxis ausschaut, darüber wird noch beraten. Eine Frage der Finanzierung ist es schon jetzt.

Mittagsjournal, 19.11.2015

Gemeinden pochen auf Finanzierung

Die Rechnung kann man nicht ohne den Wirt machen, sagt Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer. Der Wirt, das sind in dem Fall die Gemeinden. "Das heißt, wir werden hier entsprechende Forderungen stellen. Wenn es finanziert wird, dann werden wir die Letzten sein, die Nein sagen. Wenn es nicht finanziert wird, dann wird es ein Problem werden."

Dass Kinder mindestens ein Jahr, bevor sie in die Schule kommen, in den Kindergarten gehen müssen, diese Regelung gibt es in Österreich seit 2009. Dieses Kindergartenjahr ist verpflichtend und gratis. Daher gibt es vom Bund Geld, konkret 70 Millionen Euro, im Jahr. Die entsprechende Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wurde erst vor kurzem erneuert. Dabei hat man auch beschlossen, dass ab dem nächsten Jahr die Eltern von 4-Jährigen zu einem Gespräch eingeladen werden, bei dem man sie davon überzeugen will, die Kinder in den Kindergarten zu geben.

"Nicht dringend notwendig"

Allzu viel Überzeugungsarbeit ist da nicht notwendig. Schon jetzt werden österreichweit 95,3 Prozent der 4-Jährigen im Kindergarten betreut. Unter dem Durchschnitt sind Wien, die Steiermark und Kärnten. "Die dringende Notwendigkeit ist nicht gegeben", sagt Mödlhammer. Man solle schauen, dass man vor allem jene Kinder in die Kindergärten bringe, die es dringend brauchen und nicht alle hineinzwänge.

Die Verpflichtung würde bedeuten, dass das Angebot auch für das zweite Jahr kostenlos sein muss - und brauchen würde man, so der Gemeindebundpräsident, mehr als die 70 Millionen, die es jetzt vom Bund gibt.

"Opt-out-Regel ist praxisfern"

Auszuarbeiten gibt es jedenfalls noch einiges: So etwa den Bildungskompass, der für alle Kinder ab dreieinhalb Jahren kommen soll. Dafür wird eine eigene Expertengruppe eingerichtet, die einen konkreten Umsetzungsplan ausarbeiten soll.

Dieser Kompass wiederum ist wichtig für das zweite Kindergartenjahr: Steht im Kompass, dass es bei der Sprache und der Entwicklung keinen Förderbedarf gibt, können Eltern die Kinder nach drei Monaten wieder aus dem Kindergarten nehmen. Mödlhammer spricht bei dieser "Opt-out-Regel" von einem "bürokratischen Hammer". "Das ist alles ein bisschen praxisfern."

Bildungsministerium erfreut

Erfreut zeigt man sich hingegen im Familienministerium. Das verpflichtende zweite Kindergartenjahr sei ein positiver Schritt, dem ja auch die Ländervertreter in der Reformkommission zugestimmt hätten. Details würden in einer Arbeitsgruppe mit den Ländern noch ausgearbeitet.