Pensionen: Expertenpapier entzweit Koalition
Das könnte neuen Konfliktstoff für die Koalition bieten: Zwei Monate vor der Präsentation der Pensionssicherungs-Reform, die die Regierung versprochen hat, unterstützt eine vom Finanzministerium eingesetzte Expertengruppe ausgerechnet die Maßnahmen, die bei der SPÖ auf Ablehnung stoßen: allen voran die Pensionsautomatik, also ein an die Lebenserwartung gekoppelter Anstieg des Pensionsantrittsalters.
8. April 2017, 21:58
APA/GEORG HOCHMUTH
Morgenjournal, 9.12.2015
Das Expertenpapier für den Finanzminister liegt vor, Schelling will darauf die ÖVP-Position für die Verhandlungen mit der SPÖ aufbauen. Demnach hält die Arbeitsgruppe um den Finanzexperten Gottfried Haber von der Donau-Uni Krems die bisher gesetzten Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters für wichtig, aber für nicht ausreichend.
Hohes Ausgabenniveau und weiter hohe Ausgaben-Dynamik, dazu kommen Nachhaltigkeitsrisken wegen der steigenden Lebenserwartung. Das ist alles nicht neu. Aber die Experten weisen auch auf zwei entscheidende Punkte hin: anders als die meisten EU-Länder habe Österreich keinen automatischen Nachhaltigkeitsmechanismus im System - und: das Frauenpensionsalter werde im Jahr 2020 das niedrigste EU-weit sein. Zwei wunde Punkte der SPÖ, die sowohl die Automatik als auch eine vorgezogene Angleichung der Frauen-Pensionsalters an jenes der Männer bisher strikt abgelehnt hat.
In puncto Nachhaltigkeit nennen die Experten vor allem zwei Optionen: Das gesetzliche Pensionsalter von 65 an die Lebenserwartung koppeln - die steigt, und mittelfristig würde damit auch das Pensionsalter über 65 Jahre steigen - ebenso die Altersgrenzen für Frühpensionen. Weitere Option: den Bundeszuschuss zu den Pensionen betraglich fixieren, also einfrieren - der Ausgleichs-Mechanismus würde in diesem Fall über die jährlichen Pensionsanpassungen und die Aufwertung der Beiträge am Pensionskonto funktionieren.
Eher zweite Wahl sind für die Experten Einzelmaßnahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit im System. Vorgeschlagen werden hier eine Reihe von Punkten - etwa analog zu Deutschland die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters auf 67 bis 2030, Abschaffung bestehender Frühpensionen wie Hackler- und Schwerarbeiterregelung, raschere Harmonisierung von Sonderpensionssystemen in den Ländern, bei Bahn und Post sowie frühere Angleichung des Frauenpensionsalters - nämlich beginnend mit 2018 und nicht erst 2024.