"Schweizer Helden" - ein Weihnachtsfilm der anderen Art

Eine gut situierte Frau will der Einsamkeit der Weihnachtsfeiertage entfliehen und meldet sich als ehrenamtliche Helferin in einem Durchgangszentrum für Asylwerber: Gemeinsam mit den Flüchtlingen bringt sie Schillers "Wilhelm Tell" auf die Bühne. Regisseur Peter Luisi hat mit "Schweizer Helden" in Locarno den Publikumspreis gewonnen.

Kulturjournal, 21.12.2015

Peter Luisi, Jahrgang 1975 aus Zürich, hat schon 2002 die erste Drehbuchfassung zum Film geschrieben - doch eine schwierige Finanzierung, und diverse andere Projekte, sorgten immer wieder für Verzögerungen. Projekte wie etwa seine Filme "Der Sandmann" oder "Boys Are Us", die 2011 und 2012 auf diversen internationalen Festivals zu sehen waren. Sein neuer Film ist ab Freitag in den heimischen Kinos zu sehen.

Skepsis von allen Seiten

Die erwachsenen Kinder feiern Weihnachten auf Jamaica und ihr Mann hat sie vor kurzem verlassen. Im nahegelegenen Durchgangszentrum ist die Weihnachtsbetreuung ausgefallen, und so meldet sich Sabine als Freiwillige - und schlägt vor, mit den Flüchtlingen ein Theaterstück zu inszenieren. Die Wahl fällt ausgerechnet auf Friedrich Schillers "Wilhelm Tell" - die Symbolfigur der Schweiz, auf die Bühne gebracht von Asylwerbern, eine reizvolle Idee. Und dabei alles andere als weit hergeholt: Denn tatsächlich hat eine Bekannte von Peter Luisi, bereits Ende der 1990er Jahre selbiges umgesetzt, wie der Regisseur erzählt.

Die Skepsis, die der unerfahrenen Theaterfrau im Film von allen Seiten entgegenschlägt, ist dabei groß. Und etwas zu ausführlich und klischeebehaftet erzählt Luisi die Geschichte der einsamen Hausfrau, die um Anerkennung buhlt, mit ihren gut situierten und schlecht gelifteten Freundinnen, die Weihnachten in St. Moritz verbringen. Aber Luisi wollte so den Problemen der Asylwerber, ein - wie er sagt - schweizerisches Schicksal entgegenstellen.

Mangelnde Risikofreude

Luisi arbeitet dann auch die Probleme und Ängste der Flüchtlinge heraus, erzählt von Einzelschicksalen, von der Hoffnung auf Asyl und dem Moment der Abschiebung. Die Asylwerber werden im Film dabei von Schauspielern gespielt. Zwar wurde überlegt mit Flüchtlingen zu arbeiten, letztlich entschied sich Luisi aber dagegen. Eigentlich schade, und es ist eine mangelnde Risikofreude in vielen Belangen, die "Schweizer Helden" letztlich lähmt.

Luisi wollte keinen politischen Film machen, möglichst wenig Angriffsfläche und Diskussionsstoff bieten. Und so verpuffen auch Sätze wie jene des Heimleiters in der Wohlfühlatmosphäre des Films, wenn dieser meint Kulturaustausch sei nicht erwünscht, weil integrierte Ausländer schwerer abzuschieben seien. Was trotzdem bleibt sind Szenen einer Tellinszenierung, die berühren, und zumindest der Versuch, eine Weihnachtsgeschichte einmal ganz anders zu erzählen.